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Teseo La Marca
Veröffentlicht
am 13.03.2017
LeuteInterview mit einem jungen Veranstalter

„Zu Tode verwaltet“

Veröffentlicht
am 13.03.2017
Ein Verbot für Veranstalter folgt dem nächsten. Johannes Casera ist sich sicher: Wenn es so weitergeht, ist Südtirols Jugendkultur bald am Ende.
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Johannes Casera ist einer der Organisatoren hinter Electric Events. Er und seine Mitstreiter sind seit kurzem die neuesten Opfer übereifriger Bürokraten und einer Gemeindepolitik, die dabei ist, das Südtiroler Nachtleben völlig zum Erlahmen zu bringen. Am schlimmsten ist die Situation in der Landeshauptstadt. Nach dem Trinkverbot für den Obstplatz und der Schließung der Halle 28 unter Luigi Spagnolli zeichnet sich auch unter Bürgermeister Renzo Caramaschi keine Veränderung ab. Im Gegenteil. Auf Anweisung der Bozner Quästur verhängte die Gemeinde das Verbot, auf dem Electric Carnival-Event dieses Jahres alkoholische Getränke zu verkaufen. Casera spricht offen über die enormen Schwierigkeiten, die dieses Verbot für sein Unternehmen bedeutete und über die trostlose Lage, in die Südtirols Event- und Kulturlandschaft zunehmend gerät.

Eine Woche vor dem Event musstet ihr erfahren, dass der Verkauf alkoholischer Getränke beim Electric Carnival verboten wurde. Was bedeutete das für euch?
Wir haben lange überlegt, wie wir vorgehen sollen. Einerseits stand auch eine Absage des Events zur Wahl. Finanziell wäre das sicher die schlauere Variante gewesen, denn es stand fest, dass wir ohne die Getränkeeinnahmen fast sicher nicht den Break-even erreichen würden.

Das Event fand dann doch statt. Man könnte fragen: Was ist so schlimm daran, ohne Alkohol zu feiern?
Abgesehen von den finanziellen Schwierigkeiten, die für uns entstanden, gab es auch noch andere, weitreichendere Folgen. Man hat zum Beispiel gesehen, dass sich jene Minderheit der Jugendlichen, die nur trinken wollte, ihren Alkohol in den Supermärkten besorgt und diesen auf der Straße konsumiert hat. Das wurde vor allem nach dem Event deutlich. Wir mussten bis spät in die Nacht die Straße säubern – wir, wohl bemerkt, und nicht jene, die für das Verbot und deshalb auch für die Folgen verantwortlich waren. Aber okay, das gehört zur guten Organisation dazu. Ärgerlich ist nur, dass von allen Seite Klagen über die Zustände auf der Straße folgten. Der Alto Adige titelte am Tag danach sogar: „Vandalismi e malori al Palasport“. Kompletter Schwachsinn. Wir hatten in der Stadthalle weder Alkohol, noch Leute, denen es schlecht ging. Die fünfzehn Freiwilligen des Roten Kreuzes haben sich zum Glück total gelangweilt.

Und was geschah auf der Straße?
Diejenigen, die trinken wollten, haben eben dort getrunken. Es gab infolgedessen ordentlichen Protest der Anrainer, obwohl am nächsten Tag alles wieder sauber war. Dann wurde haltlos über die Jugend hergezogen, obwohl bei jedem Fußballspiel, bei jedem Skirennen und Großevent die Straße danach ebenfalls dementsprechend aussieht. Man diskreditiert die ganze Jugend aufgrund einer Minderheit, die sich nicht benehmen kann. Dazu ist auch zu sagen, dass wir den Alkoholaufschank in der Halle natürlich viel besser im Griff gehabt hätten. Wir kontrollieren rigoros, dass nur Volljährige Alkohol bekommen. Zusätzlich wird nur Alkohol bis zu 21 Prozent ausgeschenkt, das ist auf der Straße klarerweise nicht der Fall.

Wie hat man das Verbot eigentlich begründet?
Die „Begründung“ war, dass wir eine ähnliche Veranstaltung wie das Festival Studentesco seien, und dort dürfe auch kein Alkohol aufgeschenkt werden. Das ist aber Schwachsinn. Das Festival Studentesco ist eine schulische Veranstaltung. Das einzig Gemeinsame war die Location. Außerdem hat man gesagt, die Uhrzeit sei unangebracht für Alkohol. Dabei haben wir Electric Carnival nur am Nachmittag gemacht, um der Stadt entgegenzukommen und keinen Lärm in den Abendstunden zu haben. Naja, wie man es macht, ist es falsch.

Nun ist der finanzielle Schaden doch beträchtlich und die Rechtsgültigkeit des Verbots fragwürdig. Werdet ihr rechtliche Schritte einleiten?
Wir haben uns zwar rechtliche Hilfe geholt, aber rechtliche Schritte sehr schnell verworfen. Es geht hier nämlich um die Beziehung mit einem sehr mächtigen Amt. Für zukünftige Events sind wir sowohl auf die Quästur, als auch auf die Gemeinde angewiesen. Das klingt jetzt sehr hässlich, ist aber leider so. Man ist der Willkür der Verwaltung ausgesetzt. Auch deshalb werden wir keine rechtlichen Schritte einleiten. Außerdem sind uns auch die Zeit und das Geld dafür ein wenig zu schade. Wir konzentrieren uns lieber auf das nächste Event.

Meinst du, man könnte den Veranstaltern solche sinnlosen Hürden bewusst in den Weg legen?
Alles in allem war es auf jeden Fall eine Schnapsidee, der Schuss der Quästur ging nach hinten los. Kann schon sein, dass man genau das bezwecken wollte. Denn der Bürgermeister sagte schon am Tag danach, dass er solche Veranstaltungen nicht mehr autorisieren würde. Sehr schade, wir wollten nur ein tolles Faschingsevent auf die Beine stellen und den Jugendlichen etwas bieten – etwas, das über das übliche Saufgelage zu Fasching hinausging. Bozen wird zu Tode verwaltet. Wenn es so weitergeht, wird es in ein paar Jahren in der Landeshauptstadt – ich betone: in der Landeshauptstadt – gar nichts mehr geben.

Was ist für euch Organisatoren das größte Problem?
Es ist das Klima einer großen Unsicherheit. Electric Carnival war ein kleineres Event ohne größere Investitionen. Aber bei unseren Sommerfestivals müssen wir auf gewisse Budgetsicherheiten vertrauen können. Budgetsicherheiten, die uns vom Gesetz garantiert werden. So auch, dass wir Volljährigen Alkohol aufschenken dürfen. Wie es auch jede Pizzeria, jede Bar und jede Disko tut. Wenn wir DJs und Bands zu Tausenden von Euro buchen, dann brauchen wir diese Sicherheit. Es ist schließlich unser Studentengeld, das wir investieren, um in Südtirol etwas weiterzubringen. Leisten können wir uns das aber nur, wenn wir Garantien haben.

Sind Willkür und unnötige Hürden tatsächlich ein spezifisches Problem in Südtirol? Oder gibt es das überall?
Ob es nur hier so schlimm ist, kann ich nicht beurteilen. In Trient ist es sicher nicht besser, was das sehr schlechte Event-Angebot beweist. Dabei ist Südtirol in den letzten Jahren zu einem Event-Hotspot herangewachsen. So viele Events wie bei uns gibt es selten in einer Provinz und wir können darauf stolz sein. Viele verlieren aber einfach die Lust, gegen unnötige Hürden zu kämpfen. Wenn es so weitergeht, stirbt die Jugendkultur bald aus.

Genau dagegen wollt ihr Veranstalter euch aber wehren. Gibt es schon einen Plan?
In der Tat sind viele andere Organisatoren auf uns zugekommen und wir haben die Situation gemeinsam analysiert: Wie kann man in Zukunft ein Event veranstalten, wenn die Quästur willkürlich schwerwiegende Entscheidungen treffen darf? Wobei man dazu sagen muss, dass die definitive Entscheidungsmacht immer bei der Gemeinde liegt. Deshalb ist es von Vorteil, den Bürgermeister auf unserer Seite zu haben. Bei einem Treffen mit Philipp Achammer wollen wir demnächst überlegen, wie wir die Gemeinden am besten für solche Sachen sensibilisieren.

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