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Anfang 2024 ließ sich Carmen Waldthaler aus Kaltern ihre Gebärmutter entfernen. Sie hat keine Kinder und kann selbst nun keine mehr bekommen, doch das ist für sie zweitrangig. Denn jetzt, so sagt die 35-Jährige, habe sie ihr Leben ein Stück weit zurückgewonnen, das die Krankheit Endometriose so sehr eingeschränkt hat. Ihre Leidensgeschichte begann, als sie mit 13 zum ersten Mal ihre Periode bekam.
Von Anfang an litt sie unter extremen Krämpfen, sodass sie ein, zwei Tage lang nichts unternehmen, nicht mal in die Schule gehen konnte. Schon damals musste sie zu einer hohen Dosis an Schmerzmitteln greifen, um die Periodentage, die sich bei ihr häufig bis zu zwei Wochen erstreckten, zu ertragen. „Mein Gynäkologe hat mir damals die Pille empfohlen und mit der Einnahme konnte ich die Beschwerden eine Weile recht gut händeln.“ Irgendwann ließ die Wirkung der Pille jedoch nach. Jahrelang hatte Carmen mit der breiten Schmerzpalette einer Krankheit zu kämpfen, von der sie selbst erst 2017 zum ersten Mal hörte: Endometriose.
Was ist Endometriose?
Endometriose ist eine zwar gutartige, jedoch chronisch verlaufende Erkrankung, bei der gebärmutterhautähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutter wächst. Dieses Gewebe kann sich an den Eierstöcken, im Bauch und im Beckenraum, am Darm oder am Bauchfell ansiedeln, prinzipiell aber auch außerhalb des Bauchraumes wachsen – sogar in der Lunge.
Endometriose gilt – neben Myomen (Anm. d. Red.: gutartige Wucherungen in oder an der Gebärmutter ) – als die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung, die Mädchen, Frauen und alle Menschen, die mit einer Gebärmutter geboren wurden, betreffen. Rund die Hälfte der Betroffenen benötigen eine dauerhafte Therapie. Die Beschwerden und Symptomereichen von starken, krampfartigen – häufig wehenartigen – Schmerzen vor und während der Menstruation, über Schmerzen beim Sex, beim Stuhlgang und/oder Urinieren, eine starke Regelblutung bis hin zu Übelkeit und Erbrechen. Die eingeschränkte Fruchtbarkeit, die durch Endometriose ausgelöst wird, ist bei fast der Hälfte der Frauen zudem die Ursache für die ungewollte Kinderlosigkeit. Verbunden mit all diesen Symptomen sind häufig Müdigkeit und Fatigue, Allergien und andere Autoimmunerkrankungen und eine erhöhte Infektanfälligkeit während der Periode.
Aktuell gibt es keine Behandlung, mit der die Erkrankung ursächlich geheilt werden kann. Das bedeutet für die Betroffenen: Schadensbegrenzung.
Die Ursachen für Endometriose sind nach wie vor unklar. Womöglich spielen Hormone, das Immunsystem und eine familiäre Veranlagung eine Rolle. Aktuell gibt es keine Behandlung, mit der die Erkrankung ursächlich geheilt werden kann. Das bedeutet für die Betroffenen: Schadensbegrenzung – und zwar in Form von Operationen, Schmerz- und/oder Hormontherapie, Ernährungsumstellung und Bettruhe. Eine Schmerztherapie war auch für Carmen unumgänglich, zu stark waren die Schmerzen, die oft schlagartig kamen: „Ich musste sehr oft kurzfristig Verabredungen absagen und mich hinlegen. Und ich hatte sehr viele Krankheitstage bei der Arbeit.“
Die Odyssee zur Diagnose
Viele Patientinnen* profitieren laut Expert:innen, wie Sara Notaro, von einer Hormontherapie. Notaro ist Gynäkologin im Krankenhaus Bozen und erklärt: „Dadurch wird die Gebärmutterschleimhaut verdünnt und so die Blutung gestoppt, während die Eierstockaktivität nahezu normal bleibt.“ Es gibt aber Frauen, die sich bewusst gegen die Einnahme von Hormonen entscheiden. 2016 setzte auch Carmen die Pille erstmal ab – ein Jahr lang waren die Schmerzen erträglich, der Zyklus war normal. Dann, plötzlich, hatte sie Dauerblutungen und die Schmerzen nahmen stark zu. In der Gynäkologie Sterzing, wo sie schnell einen Termin bekam, sprach ein Gynäkologe das erste Mal das Wort Endometriose aus. „Seitdem ist das Thema sehr präsent in meinem Leben“, sagt die heute Mittdreißigerin. Zwei Wochen später bekam Carmen hohes Fieber und fuhr in die Notaufnahme nach Meran. Die Diagnose: eine beidseitige Eileiterentzündung. „Ich wurde stationär aufgenommen und bekam Antibiotika verabreicht. Die Gynäkologen vor Ort waren nicht besonders nett. Unterschwellig hat man mir zu verstehen gegeben, ich sei psychisch labil.“
Irgendwann wollte ich nicht mehr mit Schmerzmittel abgespeist werden. Ich wollte, dass man mich gezielt auf Endometriose untersucht.
Carmen Waldthaler, BetroffeneNachdem Carmen Waldthaler auf einer Kapverden-Reise wieder starke Schmerzen, Blutungen und Fieber bekam, wurde sie im Krankenhaus Meran erneut stationär aufgenommen. Bei den Eileitern hatte sich ein Abszess gebildet. Der jungen Frau wurden beide Eileitern entfernt, die Sache war für die Ärzt:innen „gegessen“. Doch Carmens Blutungen und Schmerzen hörten auch danach nicht auf. Weil sie damals noch keine anderen Anlaufstellen kannte und die Bozner Notaufnahme nicht unbedingt den besten Ruf hatte, fuhr Carmen immer wieder ins Meraner Krankenhaus. „2018 war ich sehr oft dort. Irgendwann wollte ich nicht mehr mit Schmerzmittel abgespeist werden. Ich wollte, dass man mich gezielt auf Endometriose untersucht.“ Nach fast einem Jahr wurden schließlich die notwendigen Untersuchungen durchgeführt – und eine Laparoskopie (Anm. d. Red.: Bauchspiegelung) durchgeführt. Dabei wurden einige Endometrioseherde gefunden und entfernt, aber die Operation war alles andere als gelungen: Aus Versehen wurden die Harnleiternerven beschädigt. Carmen musste lernen, sich selbst zu katheterisieren. „Erst nach etwa einem halben Jahr und vielen Therapien konnte ich wieder halbwegs eigenständig urinieren.“
„Es braucht ein erfahrenes Auge“
Betroffene berichteten davon, dass einige Gynäkolog:innen die Endometriose erst dann entdeckten, sobald sie als Patientinnen* explizit danach fragten. Doch ist das wirklich so? Und wenn ja, warum eigentlich?
Sara Notaro ist sich der veralteten Sichtweisen bewusst, die oft auch noch bei Ärzt:innen vorherrscht: „Die Menstruation tut weh, Schmerzen gelten als ,normal’. Aus traditioneller Sicht müssen Frauen – aus welchem Grund auch immer – diese Schmerzen ertragen. Neben dieser veralteten Annahme kann man aus medizinischer Sicht sagen: Viele klinische Untersuchungen, viele Ultraschallbilder sind nicht immer so eindeutig, dass sofort eine Diagnose gestellt werden kann. Es ist ein erfahrenes Auge notwendig.“ Aus diesem Grund gibt es seit einigen Jahren ein spezialisiertes Endometriosezentrum in Bozen unter der Leitung von Martin Steinkasserer, südtirolweit führender Experte auf diesem Gebiet. Zusammen mit Sara Notaro erweitert er fortlaufend das Angebot für die Patientinnen. Mittlerweile sind fünf Ärzt:innen im Endometriosezentrum Bozen tätig.
Die WHO geht von etwa 190 Millionen Betroffenen aus, in der EU sind es 10,5 Millionen – trotzdem ist die medizinische Versorgung in den meisten europäischen Ländern mangelhaft.
„Sei doch nicht so wehleidig!“
Weltweit sind laut der Deutschen Endometriosevereinigung schätzungsweise zwischen acht und 15 Prozent aller Mädchen* und Frauen* betroffen. Die WHO geht von etwa 190 Millionen Betroffenen aus, in der EU sind es 10,5 Millionen – trotzdem ist die medizinische Versorgung in den meisten europäischen Ländern mangelhaft. Frankreich und Australien sind bisher die einzigen Länder, die aufgrund dessen eine nationale Endometriose-Strategie etabliert hat. Durch diese soll nicht nur die Versorgung verbessert, sondern auch die Forschung vorangetrieben sowie spezialisierte Zentren aufgebaut werden. In Italien gibt es seit 2007 die italienische Endometriose-Stiftung, deren Ziel es ist, Betroffene zu unterstützen und Informationen über Endometriose nach außen zu tragen. Auch Studien und Forschungen sind ein großes Thema. Und in Deutschland unterstützt seit Herbst 2024 das Bildungsministerium für Bildung und Forschung mit bis zu 15 Millionen Euro die Erforschung von Endometriose.
Ich war bei vielen verschiedenen Ärzt:innen, hatte drei Fehlgeburten und nirgendwo gab es wirkliche Unterstützung. Es geht nicht ,nur‘ um den medizinischen, sondern auch um den psychologischen und sozialen Aspekt.
Miriam Leopizzi, Betroffene und Gründerin von Noi con VoiEs tut sich also etwas, aber: Nach wie vor haben viele von der Krankheit noch nicht einmal etwas gehört, selbst die Betroffenen nicht. Das ist einer der Hauptgründe, warum Miriam Leopizzi mit einigen anderen Betroffenen vor zwei Jahren den Südtiroler EndometriosevereinNoi con Voi gegründet hat. Sie erzählt: „Bei mir selbst hat es über acht Jahre gedauert, bis ich die Diagnose bekommen habe. Ich war bei vielen verschiedenen Ärzt:innen, hatte drei Fehlgeburten und nirgendwo gab es wirkliche Unterstützung. Es geht nicht ,nur‘ um den medizinischen, sondern auch um den psychologischen und sozialen Aspekt.“ Der Verein soll deshalb in erster Linie eine Anlaufstelle und Stütze für Betroffene sein, er engagiert sich aber noch viel mehr: Es werden Informationsabende, Tagungen und Sensibilisierungskampagnen organisiert, unter anderem in Jugendtreffs, Schulen und Unternehmen.
Der Verein setzt sich außerdem für die Anerkennung der Krankheit im Arbeitskontext und einen „permesso congedo mestruale“, eines Menstruationsurlaubs, ein. „Es ist wichtig, dass nicht nur die Mädchen* und Frauen* sensibilisiert werden, sondern auch Jungs und Männer“, sagt Miriam Leopizzi. Nur durch offenen Dialog könne das Thema gesellschaftlich enttabuisiert werden. Dadurch würden Schmerzen nicht länger als „normal“ abgetan. Solche Sätze hören Betroffene nämlich häufig: „Das ist halt mal so.“ „Das sind Regelschmerzen. Damit müssen alle Frauen zurechtkommen.“ Die Folge: Die Betroffenen fragen sich, ob sie wehleidiger sind als andere, fühlen sich nicht verstanden und versuchen, ihre Beschwerden zu vertuschen.
Verschiedene Hormontherapien, die Einsetzung einer Spirale – nichts nützte. Ich habe mich vor Schmerzen irgendwann nur noch übergeben. Schließlich wurde ich in eine künstliche Menopause versetzt.
Carmen WaldthalerCarmens radikale Entscheidung
Für Carmen Waldthaler war das allerdings irgendwann nicht mehr möglich. Auch nach der OP waren ihre Schmerzen irgendwann so intensiv, dass sie nicht mal mehr aus dem Bett kam – oder gar in Ohnmacht fiel. Auch die Blutungen ließen nicht nach. Im Sommer 2019 landete die junge Kaltererin schließlich in der Praxis von Martin Steinkasserer. Dort fühlte sie sich sofort gut aufgehoben. Der Gynäkologe entdeckte sofort einen großen Endometrioseknoten, der wohl schon bei der OP in Meran hätte gesehen und entfernt werden sollen. Die Endometriose war inzwischen in den Darm gewachsen. Eine weitere OP war unausweichlich, auch wenn die Prognose düster klang: Die Frau musste damit rechnen, einen künstlichen Darmausgang eingesetzt zu bekommen.
„Steinkasserer hat es nichtsdestotrotz geschafft, den Knoten zu entfernen, hat einen künstlichen Darmausgang tatsächlich verhindert und meine Harnleiter wurde nicht wieder beschädigt“, erzählt Carmen Waldthaler. Doch der Albtraum ging weiter: Trotz erfolgreicher OP kamen die Schmerzen erneut zurück. „Verschiedene Hormontherapien, die Einsetzung einer Spirale – nichts nützte. Ich habe mich vor Schmerzen irgendwann nur noch übergeben. Schließlich wurde ich in eine künstliche Menopause versetzt. Damit wollte man ausschließen, ob neben der starken Endometriose nicht noch etwas anderes hinter meinen Beschwerden steckt.“ Sechs Monate künstliche Wechseljahre und keinerlei Beschwerden bestätigten: Carmen Waldthaler litt an einer tief infiltrierenden Endometriose (Anm. d. Red.: wenn die Endometriose in die Organe hineinwächst) sowie an Adenomyose (Anm. d. Red.: Endometrioseherden in der Muskelwand der Gebärmutter. Die Struktur dieser Herde unterscheidet sich zu „klassischen“ Endometrioseherden). Für die Kaltererin war klar: So konnte und wollte sie nicht weitermachen – und sie traf eine Entscheidung: Sie wollte sich den Uterus entfernen lassen. „Nach sehr langen und intensiven Gesprächen mit Martin Steinkasserer – und er hat wirklich lange mit der Entscheidung gerungen – hat er die Hysterektomie schließlich durchgeführt.“ Carmen war sich bewusst, dass sie niemals ein Kind austragen wird, aber damit kann sie bis heute leben. „Dieser Schritt mag radikal gewesen sein, aber für mich war es die beste Entscheidung. Sie hat mir mein Leben ein Stück weit zurückgegeben.“
Wäre Endometriose eine Männerkrankheit, wüsstet ihr genau, was das ist.
Mai Thi Nguyen-KimEndometriose: „Best Practice Beispiel“ des Gender Health Gap
Neben der breiten Palette an Symptomen müssen Betroffene zudem die Stigmatisierung ertragen, die mit den Themen Menstruation und Frauengesundheit einhergehen. „Wäre Endometriose eine Männerkrankheit, wüsstet ihr genau, was das ist“, ist sich die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim sicher. Dass die Erkrankung für viele Menschen auch heute häufig noch lange unerkannt bleibt, ist ein Beleg dafür, wie groß der Gender Health Gap nach wie vor ist. Fakt ist, Frauen* erhalten nach wie vor eine schlechtere gesundheitliche Versorgung als Männer. Beim Krankheitsbild der Endometriose warten Betroffene durchschnittlich acht Jahre auf eine Diagnose. Bei Patientinnen mit unerfülltem Kinderwunsch sind es etwa drei Jahre, bei Schmerzpatientinnen* sogar bis zu zehn Jahre. In dieser Zeit werden ihnen häufig Fehldiagnosen wie Eierstockentzündungen, PMS oder psychische Beschwerden gestellt. Hinzu kommen Bagatellisierungen und das Absprechen ihrer eigenen Einschätzung des subjektiven Empfindens. „Frauen werden Schmerzen eher abgesprochen. Sie gelten häufig als ‚überempfindlich’, Schmerzen werden öfter fälschlicherweise als psychisch eingeordnet“, so Mai Thi Nguyen-Kim. Noch dazu kommen hohe Arzt- und Medikamentenkosten und verlorene Zeit auf der Suche nach einer Antwort.
Das Bewusstsein für die Krankheit ist gestiegen – beim Gesundheitspersonal und bei den Patientinnen* selbst.
Sara Notaro, Gynäkologin im Endometriosezentrum BozenMiriam Leopizzi von Noi con Voi ist trotzdem guter Dinge: „Die Sensibilisierung der Expert:innen hat sich in den letzten zehn Jahren verbessert, viele Hausärzt:innen und Gynäkolog:innen sind aufmerksamer geworden und machen Fortbildungen zu dem Thema. Und es ist das Endometriosezentrum in Bozen entstanden.“ Durchschnittlich beträgt die Wartezeit dort rund zwei Monate: „Bei der Endometriose handelt es sich um eine chronische Krankheit mit einem langsamen Verlauf“, betont Sara Notaro. „Obwohl sie sehr einschränkend ist, ist es keine bösartige Erkrankung.“ Im Durchschnitt werden in Bozen über 500 Patientinnen* im Jahr behandelt – das Angebot soll aber noch ausgebaut werden.
Notaro bestätigt, dass das Bewusstsein für die Krankheit gestiegen ist – beim Gesundheitspersonal und bei den Patientinnen* selbst. Inzwischen gibt es medizinische Verfahren, die die Diagnose vereinfachen. Der sogenannte transvaginale gynäkologische Ultraschall wird zur Diagnostik von Pathologien und Auffälligkeiten der Organe im kleinen Becken durchgeführt. Auch andere Techniken wie das MRT seien heute um einiges empfindlicher und spezifischer als noch vor zehn Jahren, so Notaro. Und neue Präparate seien auf den Markt gekommen: „Dienogest (Anm. d. Red.: ein synthetisches Hormon aus der Gruppe der Gestagene, das zur Empfängnisverhütung sowie zur Behandlung von Regelschmerzen, Akne und Endometriose eingesetzt wird) zum Beispiel – dieses Medikament ist aber nur kostenlos, wenn die Patientin eine Ausnahmegenehmigung für Endometriose hat, also ab Stadium drei“, erklärt die Gynäkologin. Für Betroffene, die Endometriose im dritten oder vierten Stadium haben, sind einige Visiten und Schmerzmittel inzwischen kostenlos, Gesetzesänderungen hat es diesbezüglich bereits gegeben, erklärt Miriam Leopizzi. „Der Endometrioseverein setzt sich dafür ein, dass das nun auch für Betroffene im 1. und 2. Stadium gilt.“
Myoinvasive chirurgische Techniken, die in den frühen 2000er-Jahren entwickelt wurden, profitieren von der immer fortschrittlicheren Technologie im Operationssaal, fügt Notaro der Liste an Entwicklungen der vergangenen Jahre hinzu. „Sehr wichtig ist meiner Meinung nach auch die parallele Entwicklung der Komplementärmedizin – besonders Akupunktur, Osteopathie, Aromatherapie und eine gesunde Ernährung wirken unterstützend.“
„Je mehr wir reden, desto mehr hört man uns“
Über 700 Personen haben sich in den vergangenen zwei Jahren beim Endometrioseverein gemeldet, berichtet Leopizzi, was zeigt, wie groß neben einer medizinischen Betreuung auch der Redebedarf und die Suche nach Anlaufstellen sind. „Wir arbeiten alle ehrenamtlich, machen auf die Dienste im Land aufmerksam und schenken unsere Erfahrungen, um die Betroffenen zu stärken.“ Zudem arbeitet der Verein mit Expert:innen zusammen – einem Physiotherapeuten, einer Psychologin, einem Counselor, einem Hebammer und einer Coachin.
„Ich habe das Glück, trotz allem zweifache Mutter zu sein – für sehr viele ist das Kinderkriegen aufgrund von Endometriose extrem schwierig“, sagt Miriam Leopizzi dankbar, die heute ebenfalls ohne Eileitern und Gebärmutter lebt. Weil sie aber nach wie vor Endometriose im Darm hat, schafft sie es die paar Tage im Monat nicht ohne Schmerzmittel.
Carmen Waldthaler hat nach ihrer ersten Operation psychologische Hilfe in Anspruch genommen. Hätte es damals schon eine Selbsthilfegruppe gegeben, wäre ihr diese sicherlich eine zusätzliche Stütze gewesen, sagt sie rückblickend. „Die richtigen Ärzt:innen zu finden, eine Diagnose zu bekommen und vor allem ernst genommen zu werden, dass man nicht jede Woche vor lauter Schmerzen in die Notaufnahme fahren muss. Der Weg ist wirklich schwierig. Das muss sich ganz dringend ändern.“ Patientinnen wie Carmen Waldthaler und die ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen von Noi con Voi sind überzeugt: Je mehr über die Krankheit gesprochen wird, desto größer wird auch das Bewusstsein.
Anmerkung der Redakteurin:
Im Zuge meiner Recherche haben sich einige Frauen gemeldet, die mir von ihren ganz persönlichen Erfahrungen berichtet haben. Leider konnte ich nicht alle in diesem Artikel einbauen, aber BARFUSS möchte ihre Geschichten trotzdem erzählen, um das Thema noch weiter zu enttabuisieren und für die Krankheit zu sensibilisieren. Also lassen wir sie in den nächsten Wochen zu Wort kommen: Melanie, die lieber immer wieder operiert wird, als eine Hormontherapie zu machen. Claudia, die durch Zufall erfuhr, woran sie leidet, als sie in einer Kinderwunschklinik untersucht wurde. Clara, die 14 Jahre lang auf ihre Diagnose wartete. Manuela, die sich heute noch ärgert, bei wie vielen Ärzt:innen sie war und auf wie vielen Kosten sie sitzen blieb. Daniela, die eigentlich ein Kind möchte, aber die Pille nehmen muss, weil sie die Schmerzen sonst nicht aushält. Elisabeth, die momentan auf ihren Termin im Endometriosezentrum in Bozen wartet.
Anlaufstellen:
Endometriose-Ambulanz am Krankenhaus Bozen
Hauptgebäude, Abteilung Gynäkologie, 2. Stock, blauer Bereich
Vormerkung: Sekretariat Gynäkologie, 0471 438 048 / 439 797
Endometrioseverein „Noi con Voi“
+39 346 0842164
consulenza@endometriosialtoadigenoiconvoi.it
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