Laufen mit Gefühl
Die Five-Finger-Zehenschuhe sind bekannt. Geführte Wanderungen versprechen die ultimative Barfuß-Erfahrung. BARFUSS hat es ausprobiert.
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Bild: Konstantin
Im Gänsemarsch laufen wir durch Dorf Tirol. Es geht bergauf. Vorbei an zahlreichen Sonnenterrassen und Wanderern, die mit festem Schuhwerk Richtung Berg pilgern. Ihre Blicke verfolgen uns. Denn wir haben uns heute keine klobigen Wanderstiefel an die Füße geschnallt, sondern ganz leichte und zugegeben, etwas gewöhnungsbedürftige Zehenschuhe.
Five-Fingers nennt sich das, was wir an den Füßen tragen. Es sind weniger Schuhe, als vielmehr ein Schutz gegen spitze Gegenstände. Ansonsten soll es sich anfühlen wie Barfusslaufen. Muskeln und Bänder sollen gestärkt und die Kondition verbessert werden. Wieder nur einer dieser Fitnesstrends oder steckt mehr dahinter?
Das wollte ich herausfinden und habe mich bei einer geführten Five-Finger-Wanderung in Dorf Tirol angemeldet. Seit drei Jahren werden sie angeboten und „sind eigentlich immer gut besucht“, sagt die Wanderführerin, Katharina Ladurner. Ich bin gespannt.
Um kurz nach neun Uhr morgens versammeln sich sechs weitere experimentierfreudige Wanderer. Jeder bekommt einen Leihschuh - Pink für die Frauen und schwarz für die Männer. „Mit den Zehen voraus“, sagt Katharina und gibt Tipps zum Anziehen. Der ein oder andere blickt noch skeptisch auf das seltsam anmutende Schuhwerk, mit dem er die nächsten drei Stunden durch die Natur spazieren soll.
Die ersten Schritte sind ungewohnt. Eine neue Freiheit. „Es sind Gute-Laune Schuhe", sagt Katharina. „Weil sie alle Punkte auf den Fußsohlen stimulieren“, erklärt sie. Eine Art Fußreflexzonenmassage, die sich positiv auf das Immunsystem auswirke. Nach gut zehn Minuten lassen wir das hektische Treiben im Dorf und die asphaltierte Straße hinter uns und wandern durch die Obstwiesen. Das Gras und der weiche Boden sind deutlich zu spüren. An die kleinen Unebenheiten passt sich der Fuß von ganz alleine an.
Es wird steiler und wärmer. Obwohl die Barfußschuhe keine Stütze bieten, gibt es kein Ausrutschen und kein Umknicken. Die Zehen krallen sich am Boden fest. Der Fuß müssen sich erst wieder an diesen natürlichen Bewegungsablauf gewöhnen. Ich komme langsam außer Atem. Wir machen eine erste kurze Pause. „Lasst uns über die richtige Atmung sprechen“, sagt Katharina. „Immer tief einatmen, bis in den Bauch. Das ist wichtig“.
Dann geht es weiter bergauf, bis wir einen Waldweg erreichen. Der sandige Boden, die Wurzeln, kleine Steine – ich spüre, wie sich der Untergrund verändert. Es ist ein ungewohntes, spannendes Gefühl. Katharina erzählt etwas über den blühenden Holunder und die Kastanienbäume, die am Wegrand stehen. Mir wird klar, dass es hier nicht nur um Fitness geht, sondern auch um das bewusste Erleben des Weges und der Natur. Immer wieder macht sie uns auf die Landschaft aufmerksam. Hier ein Wasserfall, da ein schöner Ausblick, dort ein besonderer Baum. Und tatsächlich würde ich vieles gar nicht wahrnehmen, zu sehr bin ich in Gespräche oder Gedanken vertieft.

Bild: Judith Dietl
Nebenbei werden Muskeln und Sehnen neu beansprucht, die in normalen Schuhen verkümmern. Das bekomme ich jetzt zu spüren. Nach drei Stunden merke ich ein leichtes Ziehen in meinen Waden, meine Fußsohlen fühlen sich müde an, die Fußballen brennen leicht. Doch das spornt mich an, beim nächsten Spaziergang wieder zu den „Barfußlatschen“ zu greifen. Als Ausgleich für zu enge und zu hohe Schuhe, und um meine Füße wieder bewusster wahrzunehmen. Schließlich tragen sie uns durch das ganze Leben.
veröffentlicht am 6. Juni 2013 2013-06-06T06:00:00+02:00
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Herrlich !! gut für YOGA im FREIEN.... DER trend im südtiroler Sommer :)
Und wer hats erfunden? Robert Fliri aus Naturns,rundet die Story vielleicht noch ab.
Kann ich nur zustimmen, habe mir nun schon das zweite Paar zugelegt.
Benutze die FiveFingers zum Laufen und habe seitdem keine Probleme
mit den Kniegelenken mehr. Am Anfang ist es eine kleine Umstellung,
jedoch gewöhnt sich der Fuß schnell dran.