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Ein lautes Piepen hallt durch die Turnhalle der TFO „Max Valier" in Bozen. Es stammt aber nicht etwa von wild herumfliegenden Vögeln, sondern von neongelben Federbällen, die durch die Luft schießen. Die Halle ist in zwölf Quadrate eingeteilt, in jedem steht ein Spieler. Auf dem Boden quietschen Schuhe. Lautes Schnaufen dröhnt von den Feldern nach oben zum Publikum. Wie Sumoringer schauen sich die Gegner in die Augen und warten auf ihren Auftritt. Im Hintergrund die zweisprachige Durchsage, wer als nächstes auf welchem Feld gegen wen antritt. Im Minutentakt werden am Spielfeldrand Punktekärtchen umgeklappt. In mehreren Sprachen rufen Trainer den Spielern von der Tribüne aus Tipps zu. Was hier gerade stattfindet, ist das erste Speed'minton-Turnier Italiens, genannt SOUTH TYROL OPEN 2014.
Mittendrin im hektischen Treiben der Initiator des Turniers, Dominik Pernthaler (im Bild). Breitbeinig steht er da, wischt sich mit der Hand den Schweiß von der Stirn und schlägt den Ball auf. Mit Höchstgeschwindigkeit düst der Speeder, so nennt sich der umfunktionierte Federball, direkt auf seinen Gegner zu. Dieser lässt ihn chancenlos an sich vorbeifliegen. Punkt für Pernthaler. So zieht sich das Match zwei Sätze lang hin. Am Ende geht Pernthaler als Sieger vom Feld. Und das nicht nur bei diesem einen Match, er nimmt am Schluss sogar den Südtirol-Titel der Open Division mit nach Hause.
Beim Zuschauen schwelge ich irgendwie in Erinnerungen an den guten alten Jesolo-Urlaub, wo man bis zu den Knien im Wasser stand und versuchte, sich auf sportliche Art und Weise zu bräunen. Die länglichen Schläger, die einer Mischung aus Tennis- und Badmintonschläger gleichen, erinnern an die Fünf-Euro-Plastikschläger vom Strandkiosk. Ein kalter Luftzug, der vom Schneegetöse draußen in die Halle strömt, holt mich von meinen Gedanken an Strand, Meer und die warme Sonne bald wieder zurück. Vor mir spielen sich gerade 42 Speed'minton-Begeisterte die Finger wund, um das Turnier zu gewinnen.
Speed'minton ist eine in Berlin entstandene Sportart. Sie ist eine Mischung aus Tennis, Squash und Badminton, bei der es in der Luft sowie am Boden extrem schnell zugeht. Beim Turnier in Bozen gibt es drei Kategorien: Herren, Damen (jeweils 1 gegen 1) und Doppel (2 gegen 2). Nach der Gruppenphase dürfen die Besten zur K.-o.-Runde antreten. Aus Frankreich, der Schweiz, Deutschland und natürlich Italien sind die Spieler angereist, um in Bozen dabei zu sein. Mit diesen vier Nationen kann Pernthalers Südtirol-Turnier schon fast mit der ersten Weltmeisterschaft mithalten, die vor zwei Jahren in Berlin stattgefunden hat. Dort spielten 373 Spieler aus 29 Nationen um den Pokal.
In Bozen stehen vom 11-jährigen Schulbub bis zum Mittsechziger mit grauem Bart alle Altersklassen auf den Courts, wie man die Spielfelder hier nennt. Anfänger sowie Profis schwingen in der Hauptstadt die Schläger. Vor drei Jahren, als Dominik den Sport in Berlin entdeckt hat, war auch er noch einer von den Anfängern. Eine Sportart, die ihn auspowert, hat er gesucht und ist durch einen Freund auf Speed'minton gestoßen. Zuerst schlug er den Speeder nur freizeitmäßig im Park, dann im Verein und seit 2012 bei Turnieren in ganz Europa. Als einer der Gekkos Berlin. In Bozen spielt er allein und im Doppel mit Lukas Gotter (im Bild unten), einem weiteren Südtiroler Gekko. Dieser liebt am Speed'minton vor allem das Gefühl, wenn man den Speeder richtig trifft und einen Punkt, den sogenannten Winner, macht. Der leidenschaftliche Speed'minton-Spieler arbeitet, wie Pernthaler, in Berlin und kommt ursprünglich aus Missian bei Eppan. Genau deshalb will er mit Dominik den Südtirol-Titel im Doppel unbedingt gewinnen. Um sich vorzubereiten, hat er mit anderen Südtirolern vorab in der „Lanarena" trainiert und bereits dort die Begeisterung der Südtiroler für die Trendsportart gespürt. Leider reicht es am Ende nicht zum Sieg. Geschlagen geben mussten sich die zwei Wahlberliner den zwei Schweizerinnen Beat und Dara Ladner von den Speeders Zürich. Erstere hat übrigens auch in der Kategorie Frauen Gold abgeräumt.
Direkt aus Berlin hat Pernthaler Speed'minton importiert und versucht, für diesen Sport nun auch in unserem Ländchen einen Platz zu finden. „Das Besondere am Speed'minton ist, dass die Anfangsschwelle klein ist. Und genau deshalb steckt großes Potential hinter dem Sport. Sowohl ein Racketsport-Neuling als auch ein Ex-Tennisspieler können Speed'minton spielen. Und das immer und überall und vor allem ohne großen Kostenaufwand", meint der 28-Jährige. Vielleicht ist der Suchtfaktor ja gerade deshalb so hoch.
Zwei Schläger, ein Speeder und schon kann es losgehen. Ob im Park, auf der Straße, am Strand oder in der Halle, an Spaß fehlt es den Spielern bestimmt nie. Zwei Spieler spielen jeweils zwei Sätze zu je 16 Punkten. Dabei stehen sie in fünf Meter breiten, quadratischen Feldern etwa zwölf Meter voneinander entfernt. Jeder Spieler hat drei Aufschläge in Folge, um dem Gegner Punkte abzuluchsen.
Beim Turnier in Bozen ist die Begeisterung für den Sport deutlich zu spüren. Sogar einige Fans haben sich auf der Tribüne versammelt um zu sehen, was es Neues gibt. Der Plan lautet nun, speed'minton-begeisterte Südtiroler zu vereinen und regelmäßige Treffen in Bozen und Umgebung zu veranstalten. „Daraus könnte in naher Zukunft dann etwas Größeres, etwa ein Verein entstehen", meint Pernthaler. Ein weiteres Turnier gibt es fast sicher, denn die Nachfrage nach einer Neuauflage ist groß.
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