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Veröffentlicht
am 13.03.2024
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Die Sünden in uns

Veröffentlicht
am 13.03.2024
Die Oper „Dorian Gray“ greift einen Welterfolg von Oscar Wilde auf und thematisiert Themen, „die in unserer heutigen Gesellschaft regelrecht explodiert sind“, sagt Regisseur Stefano Pintor, der mit dem Komponisten Matteo Franceschini das Werk erarbeitet hat. Die Oper feiert am Samstag in Bozen Premiere.
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Dorian Gray ist davon besessen, seine Schönheit zu erhalten. Für den jungen Mann ist sie der einzige Grund, wofür es sich zu leben lohnt. Ein Zauber bewirkt, dass die Zeit nur sein Porträt, das ein Maler anfertigt, nicht aber seinen Körper altern lässt. Dorian bleibt jung und schön, während sich fortan seine Sünden und die Folgen seiner hedonistischen Lebensweise auf dem gemalten Gesicht ablesen lassen.

In seinem Welterfolg „Das Bildnis des Dorian Gray“ thematisiert Oscar Wilde diesen Niedergang des jungen Mannes mit all seinen negativen Folgen für die Menschheit. Wildes Werk liefert die Vorlage der Oper „Dorian Gray“ der Stiftung Haydn, die am 16. März im Stadttheater Bozen Premiere feiert. Es ist nach „Toteis“ von Manuela Kerer und „Peter Pan – The Dark Side“ von Wolfgang Mitterer die letzte Auftragsoper der Stiftung Haydn unter dem künstlerischen Leiter Matthias Lošek.

Auf der Pressekonferenz zur neuen Oper gab sich Matthias Lošek durchaus auch kritisch. Eine zeitgemäße Oper bräuchte es nicht, meinte er, denn sie sei nicht systemrelevant, habe die Politik während der Coronajahren wissen lassen. Dem künstlerischen Leiter haben die Aussagen aber gefreut. „Denn das bedeutet, dass Kunst nur sich selbst dienen soll und alles darf“, so Lošek. So darf man auch auf die Umsetzung dieser kritischen Oper gespannt sein, für die Lošek zwei namhafte Künstler gewinnen konnte.

Szene von den Proben zur Oper „Dorian Gray“

Die Musik stammt aus der Feder des Komponisten Matteo Franceschini, der mit einem Silbernen Löwen der Biennale Venedig 2019 ausgezeichnet wurde und auf einen lange Reihe von multidisziplinären Projekten zurückblicken kann. Stefano Simone Pintor wiederum, der schon im Rahmen der beiden Operninszenierungen „Ettore Majorana. Cronaca di infinite scomparse“ (2018) und „Falcone. Il tempo sospeso del volo“ (2022) mit der Stiftung Haydn zusammenarbeitete, bekleidet die Doppelrolle des Regisseurs und Librettisten. Das Duo stand BARFUSS im Anschluss an die Pressekonferenz Rede und Antwort.

BARFUSS: Warum gerade jetzt eine Oper über Oscar Wildes „Das Bildnis des Dorian Gray“?
Mattia Franceschini: Es ist ein großartiger Roman, aber das brauche ich nicht zu sagen. Ich habe darin eine tiefe Verbindung zur Gegenwart gefunden. Schon vor vielen Jahren ist in mir der Wunsch entstanden, daraus irgendwann einmal eine Oper zu machen. Im Rahmen meiner Zusammenarbeit mit der Stiftung Haydn haben wir zusammen mit Matthias Lošek über eine neue Oper nachgedacht und da ist uns bald die Idee gekommen, diese der Geschichte Dorian Grays zu widmen.

Warum ist die Geschichte über Dorian Gray so aktuell?
Stefano Pintor: Die Themen, die in der Gesellschaft zur Zeit Oscar Wildes relevant waren, sind in der heutigen Welt regelrecht explodiert. Themen wie Schönheit und Zeit sowie die Vergänglichkeit sind zeitlos – die Zuschauer:innen holen sich aus der Geschichte das heraus, was sie heute aus den Sünden des Dorian Gray herauslesen wollen, „von denen niemand weiß, welche diese sein sollen“, um Oscar Wilde zu zitieren. 

Wie ist die Oper strukturiert?
Stefano Pintor: Es gibt sechs Kapitel mit sechs Nebenfiguren. Jede dieser Figuren trägt den Hauptprotagonisten, Dorian Gray, in sich. Dorian Gray ist der „dunkle Doppelgänger“, ein Spiegel, der ihnen vorgehalten wird, also Wünsche und Sünden, die jede:r in sich trägt. Die Kapitel, die Figuren sind miteinander verwoben, stehen aber auch für sich alleine.

Matteo Franceschini, Matthias Lošek und Stefano Pintor (von links)

Du willst „der Intention von Oscar Wilde“ treu sein, meintest du auf der Pressekonferenz. Was meinst du damit?
Stefano Pintor: Ich meine die Sünden, die jede:r in sich trägt, und die Abgründe der Gesellschaft. Das Werk Oscar Wildes ist in einigen Aspekten sehr hart, was die Kritik an der Doppelzüngigkeit der damaligen Gesellschaft und jedes Einzelnen von uns betrifft. Das war die Hauptintention des Werkes. Und auch die kritischen Überlegungen über die Zeit und die Schönheit, deren Vergänglichkeit wir nur schwer akzeptieren können. Denn wenn wir jung sind, fühlen wir uns unantastbar. Es galt diese Intention auf die Bühne zu bringen, mit den Mitteln, die die Oper zur Verfügung stellt.

Matteo Franceschini: Der Aspekt der Zeit ist zentral, auch was die Musik angeht. Die Musik ist eine Kunst, die sich in der Zeit entwickelt. Sie ist vielleicht jene Kunst, mit der das Publikum anders und komplexer als andere Künste in Verbindung tritt. Und wie gesagt geht es in dieser Oper vor allem um die Zeit und wie wir ihr Verstreichen wahrnehmen. Ich rede von einer gefühlten Zeit, der Echtzeit oder imaginären Zeit. Die Zeit spielt ja auch eine wesentliche Rolle für die junge Generation, der transportiert wird, dass sie immer jung sein muss, dass also die Zeit stehen bleiben muss.

Wie lief eure Zusammenarbeit?
Matteo Franceschini: Die Zusammenarbeit mit Stefano war auf der menschlichen und künstlerischen Ebene von Anbeginn sehr angenehm und fruchtbar. Stefano hat das Libretto und ich die Partitur geschrieben und wir sind von Anbeginn sehr viele Stunden zusammengesessen.

Stefano Pintor: Das stimmt, wir sind mit einer Analyse nicht nur dieses Romans, sondern der Weke von Oscar Wilde insgesamt gestartet. Wir haben uns die Protagonisten, die Zeiten, die Szenen überlegt – und weil wir wollten, dass Dorian Gray ein Spiegelbild aller anderen Protagonisten in der Oper ist, ist schießlich diese Struktur entstanden.

Was war euch wichtig auf der inhaltlichen und musikalischen Ebene zu transportieren?
Matteo Franceschini: Zuallererst ist ein neues Werk auch immer die Utopie, etwas zu schaffen, das Neugier weckt, das dann aber konkret wird. Es soll den Zuschauer:innen die Möglichkeit geben, sich zu hinterfragen, etwas Neues zu entdecken, das sie noch nicht kannten, auch Türen im Unbewussten zu öffnen. Und in zehn Jahren erinnert sich vielleicht noch jemand an einen Moment aus der Oper, ein kleines Element aus Dorian Gray, das sie in einer Entscheidung in einem positiven Sinne beeinflusst. Natürlich versucht die Musik ja auch die künstlerische Intention zu transportieren, auch über die Dramaturgie.

Stefano Pintor: Teile ich vollkommen. Mir ist es wichtig, nicht eine Botschaft, sondern eine Frage bei den Zuschauer:innen zu hinterlassen. Das ist mir viel wichtiger. Wir leben in einer Gesellschaft, die uns ständig vor neuen Fragen und Herausforderungen stellt und das ist auch gut so. Es gibt keine eindeutigen Botschaften und Antworten mehr, man kann aber einen Weg, man kann Intentionen thematisieren. Das finde ich wichtig.

Was können wir von der Musik erwarten?
Matteo Franceschini:  Das Zusammenspiel von orchestralen und elektronischen Klängen war mir wichtig. Die Persönlichkeiten der Nebenfiguren waren dabei durchaus bestimmend: Wir sprechen von kraftstrotzenden, zwiegespaltenen und extremen Figuren, denen wir musikalisch entsprechen wollten. So haben wir auch die stimmlichen Möglichkeiten, bis hin zum Extremen, erweitert. Der Orchesterklang verbindet sich dann mit diesen Figuren: Das Orchester ist im Inneren jeder Figur und jeder Handlung.

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