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Illustrations by Sarah
Wolfgang Mayr
Veröffentlicht
am 14.02.2022
LebenOffener Brief zum Holocaust-Vergleich im Landtag

„Abwegige Vergleiche“

Ein Holocaust-Vergleich von Josef Unterholzner im Landtag sorgte letzte Woche für Aufsehen. Unser Autor Wolfgang Mayr kann das nicht stehen lassen und wendet sich in einem offenen Brief an den Enzian-Politiker und den Vizepräsidenten des Landtags Josef Noggler.
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Bildschirmfoto 2022-02-14 um 08.23.41.jpg

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Josef Unterholzner,

sehr geehrter Herr Vize-Präsident des Landtages Josef Noggler,

eine parlamentarische Sternstunde war ihr Agieren am vergangenen Donnerstag im Landtag zweifelsohne nicht. Im Gegenteil, sie haben die Shoah-Opfer lächerlich gemacht und die Würde des Hohen Hauses verletzt. Einfach nur zum Schämen.

Sie bezeichneten die Suspendierung von nicht geimpften Pflegekräften, Herr Unterholzner, eine pure Diskriminierung. Darüber lässt sich nun trefflich streiten, was Diskriminierung ist, was Impfverweigerung ist. Nicht streiten lässt sich über Ihren Nachsatz, Herr Unterholzner: „Tut’s sie frisch alle vergasen, dann sind wir alle weg, die wir uns nicht spritzen lassen. So weit sind wir.“ Dieses ständige Hantieren der Impfverweigerer oder Impfgegner, wie Sie auch, mit Vergleichen mit der Nazi-Zeit ist unerträglich und gefährlich. Entweder wissen Sie das nicht, Herr Unterholzner, oder aber Sie provozieren bewusst damit.

Was sollen diese abwegigen Vergleiche zwischen den Impfverweigerern und den von den Nazis verfolgten und ermordeten jüdischen Europäern? Wollen Sie bei vollem Bewusstsein Ihrer geistigen Kräfte tatsächlich behaupten, der demokratische Rechtsstaat behandelt Sie und ihresgleichen wie die Nazis die Juden?

Wollen Sie bei vollem Bewusstsein Ihrer geistigen Kräfte tatsächlich behaupten, der demokratische Rechtsstaat behandelt Sie und ihresgleichen wie die Nazis die Juden?

Und Ihnen, Herr Vizepräsident Noggler, fällt dazu nichts anderes ein, als Unterholzner aufzufordern, sich zu beruhigen? Wegen seines Schreiens haben Sie fast einen Herzinfarkt bekommen, führten Sie lachend weiter aus. Kein Ordnungsruf und keine Ermahnung an Unterholzner, wegen seines Vergasens-Sagers. Peinlich, 80 Jahre nach der Wannsee-Konferenz des Nazi-Staates, auf der die industrielle Vergasung der europäischen Juden beschlossen wurde.

Wo bleibt die Würde Ihres Amtes, Herr Noggler? Doch dem nicht genug. Es wurde noch absurder, wenn nicht gar kaltschnäuziger. Nachdem sich die grüne Abgeordnete Brigitte Foppa von den Unterholzner-Aussagen klar und deutlich distanziert hat, warteten Sie mit einer Rüge auf und das gegen Foppa. Ihre Wortmeldung, stellten Sie protokollarisch streng fest, trägt „nicht gerade zum Fortgang der Arbeiten“ bei. Ist das Ihr Ernst, Herr Noggler?

Statt sich bei der Abgeordneten Foppa für ihre Kritik zu bedanken, die von Ihnen hätte kommen müssen, kanzelten Sie sie ab. Ihre Haltung wurde leider von allen anderen Mandatarinnen und Mandateren geteilt. Alle schwiegen im Landtag.

Unterholzner und seine Wutrede, Zitat „Neue Südtiroler Tageszeitung“, machen Schule. Auf der Kundgebung der Impfgegner von Wir/Noi am Samstag auf den Talferwiesen in Bozen wagte ein Redner auch einen haarsträubenden Vergleich. Er zitierte den evangelischen Pfarrer und Hitler-Gegner Niemöller, der nach Kriegsende sagte:

“Als die Nazis die Kommunisten holten,
habe ich geschwiegen;
ich war ja kein Kommunist.

Als sie die Sozialdemokraten einsperrten,
habe ich geschwiegen;
ich war ja kein Sozialdemokrat.

Als sie die Gewerkschafter holten,
habe ich nicht protestiert;
ich war ja kein Gewerkschafter.

Als sie die Juden holten,
habe ich geschwiegen;
ich war ja kein Jude.

Als sie mich holten,
gab es keinen mehr, der protestierte.”

Der Redner rief deshalb zum Widerstand auf, weil er und seinesgleichen geholt werden könnten. Wegen ihrer Impfverweigerung. Die Fortführung der unsäglichen Unterholzner-Redner im Landtag auf den Talferwiesen. Die gezielte und bewusste Verhamlosung macht Schule.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Mayr

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