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Jeder erwachsene Mensch sollte täglich zwei bis drei Liter Flüssigkeit zu sich nehmen, um die Körperfunktionen aufrechtzuerhalten, weiters wird das Wasser im Haushalt oder für die tägliche Körperpflege in Anspruch genommen. Hierbei kommt eine ganze Menge an Wasser zusammen.
Ob man es glaubt oder nicht, laut Schätzungen benötigen wir in Südtirol pro Tag und Kopf ungefähr 200 Liter Wasser. Das mag sehr viel klingen, aber: Urlauber:innen benötigen etwa 500 Liter pro Tag. Zwischen der Nutzung der Wellnessbereiche, Skifahren und somit auch der künstlichen Beschneiung der Pisten benötigen Gäste also mehr als doppelt so viel wie die Einheimischen. Touristen könnten nun sagen: „Ich bezahle doch für den Aufenthalt und das Wasser“. Den Konsequenzen der Wasserknappheit können sie wieder entfliehen, die ansässigen Bürger jedoch können das Problem nicht so schnell beheben.
In Meran beispielsweise lieferten die Wasserquellen im März 2023 15 bis 20 Prozent weniger als in den letzten Jahren zu dieser Zeit; zudem gibt es immer weniger Niederschläge. Marc Zebisch, Klimaforscher an der Eurac, erklärt, dass es im Winter zurzeit mehr Regen als Schnee gebe (wenn überhaupt), deshalb fließe das Wasser schnell flussabwärts. (Rai News: „Klimaforscher: Weniger Wasser in Südtirol”, 22.03.2022) Dies bedeutet, dass es auch im Sommer weniger Wasser geben wird. Im Winter wären auch die Skipisten teilweise grün, würden sie nicht tagein tagaus künstlich beschneit. Diese Methode der künstlichen Schneeherstellung stellt ein Problem für die vorhandene Wassermenge dar, da dafür zwischen 80 und 500 Liter pro Minute verschwendet werden.
Touristen müssen das Hotel allerdings nicht unbedingt verlassen, um viel Wasser zu verbrauchen, denn im schönen Land Südtirol werden immer mehr riesengroße Hotels gebaut. Alle 4-Sterne-Hotels müssen mindestens einen Wellnessbereich zur Verfügung stellen. Es gibt auch Unterkünfte, die für jedes Chalet ein eigenes Schwimmbad anbieten.
Des Weiteren kann man oft sogar aussuchen, welches der vielen Schwimmbäder man benutzen möchte. Zuerst eine kurze Abkühlung im kalten Becken, dann chillt man in jenem mit Salzwasser, anschließend geht man in ein warmes Becken und zum Schluss natürlich noch in den Whirlpool. Für die Einheimischen bedeutet das: sparen, sparen, sparen.
Dazu ein Beispiel: Der Wasserverbrauch wurde im letzten Sommer behördlich eingeschränkt: Autos durften nicht mehr gewaschen werden, in der Küche und im Bad sollte man eine Notration an Wasser anlegen, die man für das Trinken und Kochen, die Körperhygiene und die Toilettenspülung benutzen sollte. Der Tourismus aber durfte davon nichts erfahren.
„Auch Quellen und Brunnen versiegen, wenn man zu oft und zu viel aus ihnen schöpft.“
Das Wasser in den Whirlpools, in denen die Touristen ihre freie Zeit genießen, wird regelmäßig ausgetauscht. In anderen Becken beziehungsweise Seen, wie dem Gardasee, ist es allerdings nicht so einfach, immer wieder neues Wasser nachzufüllen. Dazu braucht es entweder Trinkwasser und/oder wenn dieses aufgebraucht ist, kann nur der nächste Niederschlag etwas daran ändern.
Der Generalsekretär des Verbands der Gardasee-Gemeinden Pierlucio Ceresa meint, er habe so eine Wasserknappheit noch nie erlebt, denn bereits im Februar war es notwendig, deswegen eine Krisensitzung einzuberufen. Ab sofort würde in der Gegend am Gardasee so viel wie möglich Wasser gespart, erklärt der Repräsentant der dortigen Gemeinden, da es bereits seit Monaten weder regnet noch schneit. Zudem war bereits der letzte Sommer sehr trocken. Die eben genannte Maßnahme wurde eingeführt, um „im Frühjahr [in] der Landwirtschaft in der Po-Ebene die Bewässerung zu ermöglichen und im Sommer die Wasserversorgung in den Gemeinden rund um den Gardasee zu gewährleisten – wenn hier in der Regel rund 27 Millionen Touristen ihren Urlaub verbringen“, so Pierlucio Ceresa. (Tagesschau, Seisselberg, Jörg: „Wassersparen am Gardasee“, 17.02.2023)
An dieser Aussage können wir erkennen, dass uns wieder ein Wort ins Auge sticht, nämlich „Touristen“. Für sie soll das Wasser gewährleistet werden. Zu bedenken ist natürlich, dass die Urlauber auch viel Geld mitbringen und viele Bewohner so ihren Unterhalt verdienen. Nur: Wenn es kein Wasser mehr gibt, wird wahrscheinlich auch der Tourismus in Zukunft nicht mehr so gut laufen. Bereits Demosthenes, einer der bedeutendsten griechischen Redner, war der Meinung: „Auch Quellen und Brunnen versiegen, wenn man zu oft und zu viel aus ihnen schöpft.“
Diese Konsequenz können wir bereit spüren. Der Wasserpegel des größten Sees Italiens lag schon im letzten Sommer sehr tief. Es war sogar möglich, zu einer Insel (die man eigentlich nur mit dem Boot erreicht) zu Fuß hinzuspazieren. Ende Februar war der Wasserpegel des Gardasees schon 30 Zentimeter unter dem Referenz-Wasserstand. Hierbei handelt es sich um den tiefsten Wasserstand seit 15 Jahren.
Und welche Schuld tragen hier die Touristen? Keine – mögen viele behaupten. Allerdings sind die Auswirkungen für die Einheimischen sehr wohl zu sehen. Auch wenn die Anreisenden bemerken, dass sich nun weniger Wasser im See befindet als noch im Jahr zuvor, verbringen sie ihren Urlaub für einige Tage am Gardasee, gehen schwimmen und reisen anschließend wieder ab. Die Ansässigen aber bemerken die Wasserknappheit unter anderem an der Ernte.
Fakt ist, dass ohne Wasser kein Leben auf der Erde möglich ist.
„In den Alpen fungieren Gletscher und Schneefelder als Reservoir für das Wasser, das das Po-Becken speist. Im Winter sammeln sich dort die Schneefälle und liefern es dann während der Frühlingsschmelze stromabwärts, wenn es für die Ernte am dringendsten benötigt wird“, erklären die Wissenschaftler der CIMA Research Foundation. (Merkur, Lippl Martina: „Italien und dem Gardasee droht wieder Wassermangel – ‚Situation schlimmer als im
letzten Jahr‘“, 24.02.2023)
Schneit es in den Alpen aber weniger und wird das Wasser das ganze Jahr über massiv verbraucht, wie beispielsweise in den Hotels, fehlt es demzufolge in wichtigen Sektoren wie der Landwirtschaft. Von der Po-Ebene hänge zudem ein Drittel der Produkte „Made in Italy“ ab, wie beispielsweise der Hartweizen für die Nudeln, sagt der Landwirtschaftsverband Coldiretti.
Dieses Phänomen hängt zwar mit dem Klimawandel zusammen, aber man muss auch etwas dagegen tun, um die Folgen der Klimakrise einzugrenzen. Hier sind auch schon „kleine“ Handlungen von großer Bedeutung, wie die Einschränkung eines Duschgangs.
Natürlich ist der Tourismus für eine breite Menge an Einwohnern eine wichtige Einkommensquelle, deshalb sollte man ihn auch nicht gänzlich verabscheuen oder verbieten wollen. Es sollte nicht nur für die Touristen viel unternommen werden, damit sie sich wohlfühlen und immer wieder zu Besuch kommen, aus meiner Sicht sollte auch an die Einwohner:innen gedacht werden.
Für die Zukunft wäre denkbar, dass auch im Bereich des Tourismus der Wasserverbrauch eingeschränkt wird und alle Menschen auf die Thematik hingewiesen werden. Fakt ist nämlich, dass ohne Wasser kein Leben auf der Erde möglich ist. Aus diesem Grund sollten für alle die gleichen Regeln gelten: Einen bewussten, nachhaltigen Lebensstil an den Tag legen, das gilt zu Hause sowie im Urlaub – ansonsten wäre es doch für die anderen ungerecht, oder etwa nicht? Benjamin Franklin, Wissenschaftler und einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten, war schon im 18. Jahrhundert der Meinung: „Wenn der Brunnen ausgetrocknet ist, erkennen wir den Wert des Wassers.“ Wann sind wir an diesem Punkt angelangt?
Xenia Santer
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