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Oliver Kainz
Veröffentlicht
am 16.06.2014
MeinungKommentar zur WM

Fußball auf Südtirolerisch

Veröffentlicht
am 16.06.2014
Die Schützen irren sich. Nicht jeder Südtiroler Fußballfan mit einer Trikolore ist ein Nationalist oder Vaterlandsverräter.
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Es ist faszinierend, wie sich Südtirol bei jeder Fußballweltmeisterschaft in zwei große Lager spaltet. Städte, Dörfer, ja ganze Familien werden in Deutschland- und Italien-Anhänger entzweit. Die Heerscharen von Bayern-Fans im Land favorisieren die deutsche Mannschaft, während Juve-, Milan-, und Inter-Anhänger überwiegend die Azzurri anfeuern. Wieder andere Südtiroler mögen einfach keine Nutella-Jungs und halten deshalb zu Italien. Für stramme Patrioten ist solch ein Verhalten Vaterlandsverrat. Österreich kann sich für große Turniere oft nicht qualifizieren, deshalb unterstützen sie das deutsche Team. Das wiederum stößt bei den Österreichern auf Unverständnis. Unsere Nachbarn nördlich des Brenners sind immer noch stolz auf das Wunder von Cordoba und grenzen sich gerne von den Deutschen ab. Der österreichische Sportminister Gerald Klug outete sich aufgrund seiner Südtiroler Wurzeln sogar als Italien-Fan – eine mittlere Katastophe für die Süd-Tiroler Freiheit, die den Minister für seine „historische Ignoranz” rüffelte.

Als neutraler Beobachter könnte man auch sagen: Hört auf, euch wie kleine Kinder zu benehmen, es ist nur ein Spiel. Soll doch jeder halten, zu wem er will. Aber so einfach ist es nicht. Als Fußballfan entscheidet sich irgendwann, für welche Mannschaft man ist, und mit der fiebert man konsequenterweise ein Leben lang mit. Manche Südtiroler glauben einen eleganten Ausweg aus dieser Misere gefunden zu haben, indem sie Holland oder Brasilien die Daumen drücken. Angeblich, „weil die den tollsten Fußball spielen“ oder „die schönsten Trikots haben.“

Fußball und Südtirol – ein schwieriges Kapitel. Und es wird noch verzwickter. Die Schützen wollen den Italien-Fans nach den WM-Spielen das Feiern auf dem Gerichts- und Siegesplatz verbieten. Laut den Schützen nutzten die Italiener die vergangenen Turniere für faschistische Krawalle und als „protzige Demonstration italienischer Überlegenheit.“ Ja, es stimmt, die Existenz von faschistischen Gruppen wie CasaPound ist eine traurige Realität in Bozen. Trotzdem ist die Forderung der Schützen überzogen. Nicht jede Feier der Tifosi ist ein Angriff auf das Tirolertum, nicht jeder italienische Jubelschrei ist gleich eine Provokation und nicht jedes Fahnenschwenken stellt eine Beleidigung dar. Der Vorschlag jegliche Zusammenkunft in Bozen zu unterbinden, verstößt gegen das Prinzip der Versammlungsfreiheit. Darüber hinaus ist es schlicht unsinnig, Fußballfans von öffentlichen Plätzen auszuschließen.

Der Bozner Bürgermeister Luigi Spagnolli reagierte etwas ungeschickt auf die Polemik. Sinngemäß sagte er, die Schützen sollen sich nicht so anstellen. Wenigstens seien in Südtirol nach den Spielen keine Autos umgeworfen worden, so wie das nach italienischen Meisterschaftsspielen manchmal passiert. Das erzürnte die Schützen noch mehr und die Diskussion entwickelte sich so wie immer, wenn es um das Zusammenleben der Sprachgruppen geht: Den einen wird vorgeworfen, sie würden zündeln, den anderen wird vorgehalten, sie würden Dinge verharmlosen.

Die Schützen-Rhetorik, dieses Ihr-gegen-uns, Wir-gegen-euch, Deutsche-gegen-„Walsche“ sorgt automatisch für einen giftigen Unterton in der Diskussion. Es wäre hilfreich für das politische Klima, wenn die Schützen nicht jeden Südtiroler im blauen Trikot und einer Trikolore in der Hand unter Generalverdacht stellen würden. Gleichzeitig sollten Polizei und Carabinieri nach den Spielen die Provokateure mit Mussolini-Fahnen und Duce-Gruß konsequent in die Schranken weisen. Der Faschismus ist ein widerliches Verbrechen. Seine Ideologie gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.

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