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„Ich habe früh gespürt, dass das Rätsel um ihre Herkunft das Leben meiner Mutter ausgehöhlt hat, eine mittelalterliche Tropfenfolter. Unruhe breitet sich auch in Hirn und Herz ihrer Kinder aus. Nun, da keine Frage sich selbst beantworten kann, muss ich nach Antworten suchen.“
Seite 10Der Inhalt – kurz und knapp:
Am 29. Dezember 1916 kommt Renée Gagnieux in Lyon zur Welt. Ihre Mutter Cécile stirbt eine Stunde später. Renée bleibt zunächst unter der Fürsorge des Hôtel-Dieu mit anderen Waisen. Mit sieben Monaten wird das Mädchen in eine Pflegefamilie auf einem Bauernhof in der Ardèche gebracht. Als sie sechs ist, kommt sie zu neuen Pflegeeltern – zu Charles Legendre und seiner Frau Marguerite, die Renèe später adoptieren werden.
Wer warst du, Maman? Was hast du erlebt? Was hast du uns verschwiegen? Renèe Gagnieux wird sich öfter Fragen stellen, deren Antworten nicht mehr zu finden sind.
„Mamans Leben und mein Leben sind mittlerweile verflochten wie zwei unterschiedlich gefärbte Wollfäden.“
Seite 44Mein Resümee:
»MAMAN« ist eine Spurensuche. Es ist eine einfühlsame und poetische Auseinandersetzung mit einer ambivalenten Mutter-Kind-Beziehung. Vieles bleibt ungewiss, hinter dichtem Nebel verborgen. Es ist ein Erahnen. Ein Sich-Vortasten. Ein Versuch, kleine Fragmente zusammenzusetzen und ein Bild der Mutter und Großmutter zu zeichnen. Zwischen wenigen Fakten und literarischer Zugabe von fiktiven Gedanken entsteht ein tröstlicher und hoffnungsvoller Text. Die ungewisse Geschichte der Großmutter wird die nächsten Generationen an Frauen der Familie prägen. Unausgesprochenes wiegt schwer. Gefühle bleiben unsagbar. Und doch sind sie spürbar im Text. In jedem Wort.
Dieses Buch ist ein Highlight. Jeder Satz, jedes Wort genau richtig. Nicht zu viel und nicht zu wenig. Ehrlich und ungeschönt schreibt Sylvie Schenk über ihre Mutter. Über Maman. Über die verschiedenen Wahrheiten über sie. Sie reflektiert nachdenklich und pointiert das Leben der Mutter. Dieses Buch ist Vergebung und viel Liebe. Dieses Buch ist etwas ganz Besonderes. Poesie, der man immer weiter lauschen möchte. Ein ganz eindringlicher Sound, der sich beim Lesen entfaltet. Erinnerungen, Vermutungen mischen sich zu einem klugen und berührenden Roman zusammen.
Eine Versöhnung. Ein Zurückschauen auf das, was war. Frieden finden in den Worten und im Herzen. „MAMAN“ stand zurecht auf der #shortlist des Deutschen Buchpreises 2023.
Das Buch ist im Hanser Literatur Verlag erschienen.
„Meine Mutter darf mir nicht ins Nichts oder ausschließlich in ihren Frust und Hass abdriften, mein Text darf auch kein »luftiger Sarg aus Worten« werden, er ist meine erste und letzte Umarmung. Schreiben. Streicheln. Festhalten.“
Seite 119Mehr feministische Lesetipps unserer Buchbloggerin Carmen Waldthaler
gibt es auf ihrem Instagram-Channel c_booksblog! #frauenlesen
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