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„Mein Leben war in zwei Teile zerfallen. In ein Davor und in ein Danach. Davor war meine Mutter die Antwort, danach war sie die Frage.“
S. 138Gewonnen! Die vierzehnjährige Billie und ihre Mutter Marika können es kaum glauben: Sie sind die Siegerinnen eines Radiogewinnspiels. Dabei haben dort, wo sie wohnen, die meisten Menschen das Wort „gewinnen“ längst aus ihrem Wortschatz gestrichen. Die meiste Zeit verbringen die beiden in ihrer Hochhaussiedlung. Marika hat zwei Jobs und trotzdem ist am Monatsende das Geld knapp. Doch sie haben einander. Und ihre Mutter bringt mit viel Fantasie und Liebe Billies Welt zum Leuchten. Umso mehr freuen sich beide über das Preisgeld. Sie träumen von einem wunderschönen Urlaub am Meer und riechen schon die salzige Luft. Schließlich stehen die Sommerferien vor der Tür. Billie und ihre Mutter planen mit dem alten, klapprigen Nissan nach Frankreich zu fahren. Endlich mal Urlaub – und zwar nicht auf den Liegestühlen im Laubengang der Hochhaussiedlung. Aber ein Anruf macht alle Pläne zunichte: Billies Großmutter aus Ungarn kommt zu ihnen nach Deutschland. So fällt nicht nur der Urlaub ins Wasser, sondern Billie muss auch noch ihr Zimmer für die Großmutter räumen.
„Wenn mir das Ende nicht passte, schrieb ich es einfach um. Ich schrieb so lange weiter, bis alles gut war.“
S. 66Dann plötzlich ist alles anders und nichts mehr wie es war. Ein Streit, ein Knall. Marika ist tot. Das Herz, das Billie so viel Liebe geschenkt hat, schlägt nicht mehr. Ihre Welt ist nicht mehr die gleiche. Nur mehr eine Leere. Bei der Beerdigung trägt sie das gelbe Sommerkleid, das ihr ihre Mama noch vor kurzem für den Urlaub gekauft hat. An diesem Tag bekommt Billie ihre erste Periode. Tränen laufen über ihre Wange, Blut über ihre Beine und auf das gelbe Kleid. So viele Fragen hat Billie noch, auf die sie keine Antwort mehr bekommen wird. Um ihre eigene Geschichte zu schreiben und zu verstehen, setzt sie sich kurzerhand hinter das Steuer des alten Nissans und fährt los, um ihren unbekannten Vater zu suchen. Ein Road-Trip ins Ungewisse beginnt.
„Orte sind wie Menschen. Irgendwann gewöhnt man sich an ihre Fehler.“
S. 70„PARADISE GARDEN“ von Elena Fischer ist eine Coming-Of-Age-Geschichte mit vielen liebenswürdigen Figuren, die man sofort ins Herz schließt. Allen voran Billie. B-i-l-l-i-e. Die nach dem Tod ihrer Mutter nur mehr das Gefühl hat, eine Buchstabenfolge zu sein, die einmal ihr Name war. Marika, die trotz der Umstände versucht, ihrer Tochter eine schöne und glückliche Welt zu erschaffen. Und die wundervollen kleinen Nebenfiguren, wie Luna und Ahmed, die in den Wohnungen gegenüber wohnen.
„Wenn du ein Teil aus einem Puzzle nimmst, stimmt das ganze Bild nicht mehr.“
S. 97„PARADISE GARDEN“ ist ein unglaublich schönes und herzerwärmendes Buch. Elena Fischer schreibt in ihrem Debütroman sanft und feinfühlig über die Hürden des Erwachsenwerdens. Über eine besondere Mutter-Tochter-Beziehung. Sie schreibt über Familie und Herkunft, Freiheit und Flucht. Über Tod, Trauer und das Abschiednehmen. Und über den Mut, den eigenen Weg zu gehen und die Kraft zu verzeihen.
Ein Buch über den besonderen Zauber der kleinen Momente des Glücks und der Hoffnung. Über Alltäglichkeiten und schmerzhafte Schicksalsschläge. Ein atmosphärischer und berührender Roman mit vielen schönen und einfühlsamen Sätzen, kleinen poetischen Soundmomenten mit großem Nachklang. Eine warme und empathische Geschichte, die einen einhüllt wie eine Kuscheldecke. Zurecht stand das Buch auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis 2023. „PARADISE GARDEN“ ist ein zauberhafter und melancholischer Roman, der mich beseelt zurückgelassen hat. Ganz große Leseempfehlung!
„PARADISE GARDEN“ von Elena Fischer ist im Diogenes Verlag erschienen.
Mehr feministische Lesetipps unserer Buchbloggerin Carmen Waldthaler
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