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„Der Apfel ist uralt. Aber er glänzt, rot und prall. Eva zögert nicht mehr. Sie hat sich das längst gut überlegt. Sie hat sich entschieden. Eva beißt genüsslich in den Apfel.“
S. 9Adam und Eva. Nach der biblischen Erzählung sind sie das erste Menschenpaar. Gott formte Adam aus Erde und hauchte ihm Leben ein. Aus seiner Rippe schuf er Eva. Mann und Frau. Sie lebten im Garten Eden, im Paradies. Den Rest der Erzählung kennt ihr ja. Nun … So wird es zumindest erzählt. Aber so paradiesisch fand Eva das Ganze eigentlich nicht. Also nochmal auf Anfang. Am Anfang war … Adam, das stimmt, und der Garten Eden mit seinen verbotenen Früchten vom Baum der Erkenntnis. Und da Adam ein Feigling ist, musste erst Eva kommen und in den Apfel beißen und Adam tat es ihr aus Trotz nach. Was folgt ist – Eva googelt: Scheidungsberatung. Beide landen im Hier und Jetzt – Wien, Meidling. Eva versucht sich ein selbstbestimmtes Leben aufzubauen. Dabei bekommt sie Unterstützung von Magdalena, die auch so einiges mitgemacht hat. Als sie merkt, dass sie schwanger ist, steht ihr auch Johanna, die immer ein kleiner Scheiterhaufen begleitet, zur Seite. Aber da gibt es noch Gott und den verschmähten Ehemann, die sie beide nicht in Ruhe lassen.
„Ich habe selbst reingebissen. Ich wollte es. Und es schmeckt so gut.“
S. 10Was macht Eva nach der Vertreibung aus dem Paradies? Dieser Frage geht Simone Hirth in ihrem Buch „MALUS“ nach. Malus ist Lateinisch und bedeutet „Apfel“ und „das Böse, das Schlechte“. Sie erzählt vom Apfel, der Schlange, der Erkenntnis, der Schuld, der Vertreibung, dem Leben danach. Und das Leben danach könnte so schön für Eva werden, wäre da nicht Gott und ihr gewaltvoller Ehemann, der die Scheidung nicht akzeptieren will. So muss sich Eva in der Gegenwart mit Arbeitslosigkeit, Scheidung und toxischer Männlichkeit herumschlagen.
„Es spritzt. Der Apfel ist saftig. Eva sagt kauend und mit vollem Mund: Ich werde mich nicht mehr zusammenreißen. Warum sollte ich?“
S. 9Simone Hirth schreibt in ihrem Roman parabelhaft über das patriarchale Erbe unserer Gesellschaft. Eine gnadenlose und mutige Abrechnung mit dem Patriarchat. Was zunächst amüsant beginnt, wird zu einer schonungslosen und schmerzhaften Geschichte. Ein Buch, das unter die Haut geht. Was eigentlich fiktiv ist, fühlt sich so real an. Ist real. Denn die Realität ist: Femizide und Misogynie sind keine Fiktion – sie sind die Realität.
Ein wichtiges Buch zwischen Kuriosität und Realität. Ein Buch, das nachhallt. Und die patriarchalen Strukturen unserer Gesellschaft analysiert. Neben der Grausamkeit und Ungerechtigkeit, die in „MALUS“ beschrieben werden, schenkt das Buch auch Hoffnung. Hoffnung auf Veränderung und den Halt, der das soziale Netzwerk von Freundinnen in dem Buch darstellt. Besonders schön fand ich, dass Eva sich immer wieder Frauenliteratur in der Bibliothek ausgeliehen hat, passend zu ihrer jeweiligen Lebens- und Gefühlslage. Das zeigt: Bücher geben Halt, informieren und bilden uns weiter. Und: Am Ende des Buches gibt es noch eine fantastische Literaturliste.
Ein Highlight und eine ganz große Leseempfehlung!
„MALUS“ von Simone Hirth ist im Verlag Kremayr & Scheriau erschienen.
Mehr feministische Lesetipps unserer Buchbloggerin Carmen Waldthaler
gibt es auf ihrem Instagram-Channel c_booksblog! #frauenlesen
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