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Tobias Hürter
Veröffentlicht
am 25.11.2014
MeinungDer Piefke und der Dialekt

„Hier gibts nur Gelbe Ruam”

Veröffentlicht
am 25.11.2014
Als Töchterchen zu sprechen beginnt, lernt der Piefke notgedrungen auch den Pustra Dialekt.
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Drinnen ist es kälter als draußen. Es schneit auch viel mehr. Wem diese Sätze einleuchten, der ist Südtiroler. Mir hingegen war die Rede von „drinnen“ und „draußen“ lange rätselhaft. Als mich einst meine noch frische Südtiroler Fernbeziehung am Telefon fragte, „Kommst du diesmal rein, oder soll ich rauskommen?“, dachte ich zunächst an was Unanständiges. Inzwischen weiß ich, dass „rein“ und „raus“ die beiden Südtiroler Himmelsrichtungen sind: einwärts ins Heimatland, auswärts Richtung Innsbruck – oder auch mal „runter” nach Verona.

Ich beherrsche die eine oder andere Fremdsprache, aber keinen Dialekt. Mein Deutsch ist ganz und gar ungeographisch, kein Mensch hört mir an, dass ich aus München bin. Aber als mein Töchterchen in Bruneck zu sprechen begann, sprach sie Pustertaler Dialekt. Die eigene Tochter nicht verstehen: Das geht gar nicht. Spätestens, als sie in Tränen ausbrach, nachdem ich sie zum dritten Mal auf die Rutsche statt auf die gewünschte „Hutsche“ gesetzt hatte, sah ich ein, dass ich mich in Südtirolerisch würde fortbilden müssen. Ich lernte, dass „hebn“ nicht heben bedeutet, sondern halten, und „bol amol“ nicht bald einmal, sondern irgendwann in ferner Zukunft; dass „Nummernschild“ und „Installateur“ exotische Fremdwörter aus der „Schrift“ sind, statt derer man „Targa“ und „Hydrauliker“ sagt. Ich kapierte allmählich, dass Südtiroler die Endungen von Verben und Substantiven wegzulassen pflegen, um die Informationsdichte zu erhöhen: zum Beispiel „nemm“ für „nehmen“ und „Supp“ für „Suppe“. Wenn sie das allzu oft tun, verstehen Draußige wie ich überhaupt nichts mehr.

Vor allem bemühte ich mich, so zu reden, dass mein Töchterchen mich versteht. Jetzt sage ich also „Paferle“ zum Lätzchen, „Luller“ zum Schnuller, „Laibele“ zum T-Shirt und „Patschn“ zu den Hausschuhen. Allerdings lernt das Töchterchen schneller als ihr Vater. Sie ist inzwischen zweisprachig und schaltet mühelos zwischen astreinem Puschtrarisch und akzentfreiem Hochdeutsch hin und her. Kürzlich sagte sie sogar „Möhre“ zu einer Karotte. „Möhren gibts hier nicht“, sagte ich ihr, „hier gibts nur Gelbe Ruam.“

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