Werde Unterstützer:in und fördere unabhängigen Journalismus
Ich wollte immer schon Kinder, und als ich mit 25 Jahren geheiratet habe, konnte ich es kaum erwarten, schwanger zu sein. Es vergingen Monate und Jahre zwischen Hoffnung und Trauer. Mit Anfang 30 begann die medizinische KinderwunschReise. Nach zwei erfolglosen künstlichen Befruchtungen war ich am Boden zerstört. Trat nun mein Alptraum ein? Welchen Sinn hatte mein Leben ohne Kinder? Damals fühlte ich mich mit meinem Schicksal allein. Meine Freundinnen bekamen Kinder und ich gehörte nicht mehr dazu.
Heute, 15 Jahre später, weiß ich, dass es sehr vielen Menschen ähnlich geht. Studien zufolge ist jedes achte Paar heute unfreiwillig kinderlos. Tendenz steigend. Die Menschen werden immer später Eltern, und auch Stress und Umwelteinflüsse spielen eine Rolle. Es kann jedenfalls Jahre dauern, oft begleitet von belastenden Therapien und Eingriffen, bis sich eine Schwangerschaft einstellt. Und manchmal kommt das ersehnte Kind nie. Um diesem immer noch großen Tabuthema Raum zu geben, organisierte die Initiative Mutternacht im Jahr 2020 eine Informationskampagne, an der auch ich mich beteiligte. Damals äußerte eine Betroffene den Wunsch nach einer Selbsthilfegruppe. Das Haus der Familie wandte sich daraufhin an mich und bat mich, eine Gruppe anzuleiten.
Ich habe mich in den vergangenen Jahren aktiv mit dem Thema auseinandergesetzt, mich meinen Ängsten und der Trauer gestellt und viel an mir gearbeitet. Auch beruflich habe ich mich umorientiert und arbeite heute in meiner eigenen Praxis für Emotionale Erste Hilfe mit Eltern und ihren Babys. Ich fühle mich stark genug und wollte anderen das ermöglichen, was mir in der Zeit meines unerfüllten Kinderwunsches gefehlt hat: Austausch, Verständnis, Informationen, Raum für Ängste, für die große Trauer und die niemals versiegende Hoffnung.
Im vergangenen Juni fand das erste Treffen in Bozen statt. Jeden Monat sind neue Frauen dazugekommen – aus allen Teilen des Landes. Manche stehen noch ganz am Anfang, andere haben schon viel hinter sich und überlegen, mit dem Thema abzuschließen. Bei den Treffen sehe ich, wie notwendig es ist, auch als Gesellschaft mit dem Thema offener und umsichtiger umzugehen.
Der Druck, der heute auf Frauen lastet, ist enorm, denn das Thema Mutterschaft ist immer noch untrennbar mit dem Bild der Frau verbunden. Wir alle sollten daher im Alltag sensibler sein. Jede beiläufige, unüberlegte Bemerkung wie „Lasst euch nur nicht zu lange Zeit!“ oder „Warte nur bis du mal Kinder hast!“ kann für jemanden wie ein Schlag ins Gesicht sein.
Text: Karin Planker
Selbsthilfegruppe
Das nächste Treffen der Selbsthilfegruppe „Sehnsucht Kind“ findet in diesem Monat am Sitz des katholischen Familienverbandes in Bozen statt. Interessierte können sich dazu bei Karin Planker via Mail an sehnsuchtkind@hdf.it oder telefonisch unter 3386032603 anmelden.
Dieser Text erschien in der aktuellen Ausgabe der Straßenzeitung zebra.
Support BARFUSS!
Werde Unterstützer:in und fördere unabhängigen Journalismus:
https://www.barfuss.it/support