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Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 20.09.2021
LeuteEin Beruf mit vielen Vorurteilen

Die Tiertherapeutin

Veröffentlicht
am 20.09.2021
Katrin Holzknecht ist Tierphysiotherapeutin- und Osteopathin. Sie behandelt Hunde und Pferde nach Operationen, Unfällen oder bei Problemen im Bewegungsapparat.
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Wenn sie von ihrem Beruf erzählt, können sich die meisten anfangs nicht viel darunter vorstellen. Sie denken an ein paar Streicheleinheiten für Hunden, ein paar Massagen für Pferde. Katrin Holzknecht wird gerne unterschätzt, mit ihren 1,63 m, den blonden Haaren, der zierlichen Figur. Wenn die toughe Frau aber erstmal von ihrem vielseitigen Arbeitsalltag erzählt, von den Therapien und Behandlungen – wie Hunde nach einer Bandscheiben-Operation wieder laufen lernen oder faustgroße Wunden durch Lasertherapie binnen kurzer Zeit zugehen –, wenn sie sich begeistert darin verliert, was alles hinter ihrem Beruf steckt, dann bleibt kaum jemand nicht fasziniert zurück.

Verschiedene Gegegenstände kommen zum Einsatz – alles für optimale Erfolge.

Katrin Holzknecht ist Tierphysiotherapeutin- und Osteopathin und damit eine der wenigen in ganz Südtirol. Die 22-Jährige wusste früh was sie will. Nach der Matura folgten das Studium und mehrere Fortbildungen. Dadurch, dass es in diesem Bereich in Südtirol keine Arbeitsplätze gibt, machte sie sich mit 19 Jahren selbstständig. Heute betreibt sie ihre eigene Praxis in Tscherms und ist mit ihrer mobilen Praxis in ganz Südtirol unterwegs, um Hunde, Westernpferde und Rennpferde zu behandeln. Seit einem Jahr betreut sie einige Rennpferde in Ferrara und Mailand.

Nicht nur das Symptom, sondern die Ursache

Nach einer Operation oder Verletzung geht’s für uns meist zur Physiotherapie. Ganz selbstverständlich. Doch mit Hunden und Pferden? Die Tierphysiotherapie- und Osteopathie ist hierzulande noch nicht so bekannt, dabei könnte sie so viel bewirken. „Viele möchten kein Geld für eine Physiotherapie ausgeben. Das ist schade, denn durch präventive Behandlungen kann ich in einigen Fällen sogar verhindern, dass es überhaupt zu einer OP kommt“, sagt Katrin. „Ich ersetze bestimmt keinen Tierarzt, aber ich kann vorbeugen und unterstützen.“

Durch das Lösen muskulärer Verspannungen, Verschiebungen der Wirbel oder Becken und faszialen Verklebungen können Fehlbelastungen und daraus folgende Probleme vermieden werden. „Es gibt natürlich auch schlimme Fälle, wo es nicht ohne Schmerzmittel oder OP geht, aber man könnte vieles vorbeugend machen.”

„Durch präventive Behandlungen kann ich in einigen Fällen sogar verhindern, dass es überhaupt zu einer OP kommt.”

Die Praxis in Tscherms wirkt mit den 20 Quadratmetern, den Kegeln und Balancekissen, dem Gymnastikball und den Therapiegeräten wie ein etwas zu klein geratenes Fitnessstudio. Gewissermaßen ist das hier ja auch ein Fitness-Ort zum Muskelaufbau für Hunde. Und doch noch so viel mehr.

Hier kuriert Katrin vor allem Arthrosen oder Hüft- und Ellenbogendysplasien, die bei Rassehunden durch Überzüchtung immer häufiger auftreten. Ebenso wie Kreuzbandrisse, Bandscheibenvorfälle und andere Wehwehchen nach Operationen und Unfällen. Dabeibehandelt sie nicht nur das Symptom, sondern die Ursache. Zu ihren Methoden gehören Massagen, passives Bewegen, Lasertherapie, Ultraschalltherapie, Übungen für Muskelaufbau, Akupressur, kinesiologisches Tapen. Auch die Aromaöltherapie kommt zum Einsatz, was die Kunden bereits beim Betreten durch den zarten Duft wie in einem Spa-Bereich, wahrnehmen. Der Diffusor mit Beruhigungsöl ist immer an – für eine ruhige Atmosphäre, wenn ein neuer Patient hereintapst.

Was erstmal nach Spaß für die Hunde aussieht ist dann doch viel mehr – im Wasser lassen sich überbelastete Gelenke oder Gelenke mit Fehlstellungen nahezu schmerzfrei bewegen

Im Raum steht eine orthopädische Matte, in einer Ecke steht ein großer Glaskubus mit beschichteter Rampe: das Hundeschwimmbad. Einige Stammkunden nehmen es im Winter in Anspruch, wenn für ihre Wasserratte das Schwimmen draußen nicht möglich ist. Aber auch zur Behandlung nutzt Katrin die Hydrotherapie gerne. „Im Wasser lassen sich überbelastete Gelenke oder Gelenke mit Fehlstellungen nahezu schmerzfrei bewegen“, erklärt sie. Solche Fehlstellungen sieht Holzknecht in ihrem Praxisalltag häufig. Dabei entstehen einige durch die Unwissenheit der Besitzer.

Einige Fehlstellungen bei Hunden haben ihren Ursprung in der Überbelastung im Welpenalter. Durch Springen in und aus dem Auto oder auf hohe Mauern, durch Ballspiele, zu lange Spaziergänge im Tiefschnee oder übermäßiges Treppensteigen. „Die Faustregel lautet fünf Minuten am Stück spazieren gehen pro Lebensmonat des Welpen“, rät die Tierphysiotherapeutin ihren Kunden immer. „Mit ausreichenden Pausen, kann auch ein etwas längerer Spaziergang gemacht werden.“ Und zwar bis der Hund ausgewachsen ist. Zudem ist es durchaus sinnvoll, ein- bis zweimal im Jahr einen Check beim Profi durchführen zu lassen. Leider haben viele Angst vor den Kosten, dabei kostet eine Impfung sogar mehr als eine Stunde bei mir. Vielfach braucht es sogar nur eine Sitzung und die Übungen können zuhause eigenhändig fortgesetzt werden“, sagt sie.

Manche Hunde, vor allem ängstliche, fühlen sich in ihrer gewohnten Umgebung am wohlsten, daher macht Katrin häufig Hausbesuche.

Teil der Pferderennsport-Welt

Vormittags behandelt und trainiert Katrin einige Rennpferde in Meran, nachmittags ist sie in der Praxis oder macht Haus- und Hofbesuche.

Und wo sie vor ein paar Jahren noch gegen Pferdesport war, ist Katrin heute, seit sie selbst Teil dieser Welt ist und einen unmittelbaren Einblick hinter die Kulissen hat, anderer Ansicht und möchte mit Vorurteilen aufräumen.

Durch ihren Freund, der als Jockey [Pferderennreiter, Anm. d. Red.] arbeitet, hat Katrin mittlerweile auch Kunden in Mailand und Ferrara. Und obwohl sie vor ein paar Jahren noch gegen Pferdesport war, ist Katrin heute, seit sie selbst Teil dieser Welt ist und einen unmittelbaren Einblick hinter die Kulissen hat, etwas anderer Ansicht und möchte mit Vorurteilen aufräumen.

Misshandlungen im Rennsport?

Pferdesport steht immer wieder in Kritik. Tiermisshandlungen stehen im Raum, raue Trainingsmethoden und Verletzungen. Es geht so weit, dass einige Tierschützer sogar das Ende des Pferdesports fordern.

Nach dem Pferdedrama im Modernen Fünfkampf bei den Olympischen Spielen dieses Jahr wurde der Aufschrei in den Medien wieder lauter und mit ihm die Diskussionen, die Katrin zum Teil durchaus nachvollziehen kann: „Ich bin immer noch der Meinung, dass die Rennpferde viel zu jung sind. Die Rennen starten im Alter von zwei Jahren, ein Ross ist aber erst mit fünf Jahren ausgewachsen. Aber das ist eine Geldsache, man kann es nicht Jahrelang nur im Stall stehen haben. Nichtsdestotrotz werden Rennpferde weder geschlagen oder misshandelt.“ Katrin arbeitet eng mit vielen Pferdetrainern zusammen. Sie alle behandeln ihre Pferde außerordentlich gut, sagt sie. „Natürlich gibt es sicher auch schwarze Schafe und es bleibt ein Sport, der auch zu Verletzungen führen kann. Ein Fußballer wird auch Beschwerden mit dem Kreuzband usw. haben.“ Aber dafür gibt es Leute wie Katrin. Ihr Job ist zeitintensiv und teilweise hart.

Die Laserbehandlung wird bei bei Wunden, Narben, Frakturen, Schmerzzuständen und Erkrankungen des Bewegungsapparates (z.B. Arthrose) angewandt.

Für alte Hunde, die es nicht mehr schaffen, wenn die Besitzer kein Auto haben, oder für Pferde ist Katrin mobil unterwegs. Manchmal sitzt sie bis zu vier Stunden im Auto. Nach fünf bis sechs Behandlungen wird es schon mal anstrengend, aber einen anderen Beruf könnte sich Katrin nicht mehr vorstellen. Ihre Arbeit verschmilzt immer mehr mit der Freizeit. „Das ist meine Welt“, sagt Katrin und kann dabei ein Strahlen in den Augen nicht verbergen.

Mittlerweile besitzt Katrin selbst drei Pferde, zwei davon sind Rennpferde, die sie selbst für Pferderennen trainiert. Am Abend geht sie mit ihrem Freizeitross, der Paint-Stute Dunja und ihrem Hund Grace in den Wald oder in die Berge. Abschalten vom Tag, bevor es am nächsten Morgen wieder losgeht mit ihrer Leidenschaft, die sie schon früh zu ihrem Beruf gemacht hat.

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