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Veröffentlicht
am 18.09.2024
MeinungStraßenzeitung zebra.

Der Confidence Gap

Veröffentlicht
am 18.09.2024
Warum trauen sich viele Frauen weniger zu als Männer, obwohl sie ebenso kompetent, erfahren und belesen sind? Der Grund ist der sogenannte „Confidence Gap“, die geschlechterbedingt unterschiedliche Ausprägung des Selbstbewusstseins. Und das hat weitreichende Konsequenzen für Karriere und persönliche Entwicklung, so das Fazit der zebra.-Autorin Daniela Halbwidl in diesem Kommentar.
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Die Macht des Egos
Selbstbewusstsein ist das Fundament, auf dem all unsere Entscheidungen und Handlungen beruhen. Es beeinflusst, wie wir uns selbst sehen und unsere Fähigkeiten einschätzen und folglich, wie wir uns in der Welt präsentieren. Jeder Mensch hat ein unterschiedliches Maß an Selbstbewusst-sein. Besonders auffällig ist der Unterschied zwischen Männern und Frauen, der oft als Confidence Gap bezeichnet wird.

Dieser besagt, dass Männer dazu neigen, sich selbst und ihre Fähigkeiten tendenziell positiver einzuschätzen, unabhängig von möglichen objektiven Gründen. Frauen hingegen zweifeln häufiger an sich, selbst wenn ihre Leistungen tadellos sind. Doch woran liegt das und welche Auswirkungen hat dieser Unterschied?

„Selbstvertrauen ist die erste Voraussetzung großer Taten“
Dieses Zitat des britischen Schriftstellers Samuel Johnson trifft den Kern des Problems. Selbstvertrauen kann Türen öffnen, während Unsicherheit sie oft verschlossen hält. Doch während Männer häufig die Tür aufstoßen, hält das mangelnde Selbstvertrauen Frauen oft schon davon ab, überhaupt anzuklopfen. Der Confidence Gap, also die Kluft im Selbstbewusstsein, beschreibt diesen Unterschied in der Wahrnehmung und im Verhalten zwischen den Geschlechtern.
Mehrere Studien haben den Confidence Gap nachgewiesen. Eine Untersuchung der University of California zeigte beispielsweise, dass Frauen in Leistungsbewertungen sich selbst signifikant schlechter beurteilen als ihre männlichen Kollegen, selbst wenn ihre tatsächlichen Leistungen identisch sind. Auch eine Studie von Hewlett Packard belegt dies: Frauen bewerben sich tendenziell erst auf eine Stelle, wenn sie glauben, 100 Prozent der Anforderungen zu erfüllen, während Männer sich bereits bei 60 Prozent der Anforderungen bewerben.

Mädchen werden tendenziell ermutigt, sich zurückzuhalten und nicht zu viel Raum einzunehmen, während Jungen oft in ihrem Selbstvertrauen bestärkt werden.


Die Basis für dieses Verhalten wird meist schon in der Kindheit gelegt und durch soziale Normen und gesellschaftliche Erwartungen verstärkt. Mädchen werden tendenziell ermutigt, sich zurückzuhalten und nicht zu viel Raum einzunehmen, während Jungen oft in ihrem Selbstvertrauen bestärkt werden. Dies führt zu einem Kreislauf, in dem Frauen ihr eigenes Potenzial unterschätzen und weniger bereit sind, Risiken einzugehen oder sich neuen Herausforderungen zu stellen.

Der Preis des Selbstzweifels
Der Confidence Gap hat weitreichende Konsequenzen, nicht nur für die betroffenen Frauen selbst, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzes. Frauen mit geringem Selbstbewusstsein neigen dazu, weniger häufig Führungspositionen anzustreben, seltener und schlechter Gehaltsverhandlungen zu führen und sich in Meetings weniger zu Wort zu melden. Dies trägt dazu bei, dass Frauen in vielen Bereichen weiterhin unterrepräsentiert sind und schlechter bezahlt werden als ihre männlichen Kollegen.

Zudem hat der Confidence Gap auch Auswirkungen auf das persönliche Wohlbefinden. Ständige Selbstzweifel können zu Stress, Angst und sogar Depressionen führen. Frauen, die sich ihrer Fähigkeiten nicht sicher sind, fühlen sich eher überfordert und unter Druck gesetzt, was ihre Lebensqualität negativ beeinträchtigt.

Wie der Confidence Gap überwunden werden kann
Nun könnte man sagen „selbst Schuld“, weil Frauen für ihr Verhalten selbst verantwortlich sind. Das Problem ist effektiv eigenfabriziert, doch nicht dessen Ursache.

Um den Confidence Gap zu überwinden, bedarf es eines gesellschaftlichen Umdenkens. Ein wichtiger Schritt ist es, bereits in der Erziehung anzusetzen und Mädchen genauso wie Jungen zu ermutigen, sich selbst zu vertrauen und ihre Meinung zu äußern. Starke weibliche Rollenvorbilder und Mentorinnen haben eine ermutigende Wirkung und auch Medien können dazu beitragen, das Selbstbewusstsein von Frauen zu stärken, indem sie ihnen bewusst mehr Sichtbarkeit einräumen.

Auf individueller Ebene können Mädchen und Frauen daran arbeiten, ihre inneren Kritikerinnen zu erkennen und strenger zu hinterfragen.

Auf individueller Ebene können Mädchen und Frauen daran arbeiten, ihre inneren Kritikerinnen zu erkennen und strenger zu hinterfragen. Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Ego und die Stärkung des Selbstbewusstseins sind entscheidende Schritte auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung und persönlichem Erfolg. Studien haben gezeigt, dass das Führen eines Erfolgstagebuchs das Selbstbewusstsein stärken kann. Auch das bewusste Eingehen von Risiken und das Feiern kleiner Erfolge tragen dazu bei, das Selbstvertrauen zu steigern.

Und oft hilft die Frage „Was habe ich zu verlieren?“, wie beispielsweise bei der Gehaltsverhandlung. Die Antwort: genau gar nichts. Im schlimmsten Fall bleibt die Situation unverändert. Indem wir lernen, unsere Zweifel zu überwinden, können wir Großes erreichen. Wir müssen es uns nur (zu)trauen.

Text: Daniela Halbwidl

Dieser Text erschien erstmals in der Straßenzeitung zebra. (02.09.2024-01.10.2024/99)

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