BARFUSS LogoDas Südtiroler Onlinemagazin
BARFUSS LogoSüdtiroler Onlinemagazin

Support Barfuss

Werde Unterstützer:in und fördere unabhängigen Journalismus

BARFUSS LogoDas Südtiroler Onlinemagazin
Veröffentlicht
am 02.01.2025
LebenEndometriose-Sensibilisierung

„Ich habe 14 Jahre auf die Diagnose gewartet“

Veröffentlicht
am 02.01.2025
Die Betroffene dieser Endometriose-Geschichte berichtet von ihren Erfahrungen Ende der 1990er-, Anfang 2000er Jahre. Welche Schmerzen, Untersuchungen und Vorurteile sie in dieser Zeit durchlebt hat, erzählt sie in diesem anonymen Beitrag.
Damit BARFUSS weiterhin hinterfragen, aufklären, erzählen und berühren kann, brauchen wir DEINE Unterstützung!
Werde Teil unserer Community.
Teile unsere Story

Artikel anhören

Seit ich circa 20 Jahre alt bin, habe ich schwere Symptome. Schon in Studienzeiten landete ich mehrmals in der Notaufnahme, habe aber nie eine Diagnose erhalten. Die Beschwerden äußern sich bei mir vor allem über Bauchschmerzen, die bis zum Rücken übers Bein bis hinunter zum Fuß ziehen. Im Laufe der Jahre habe ich eine Menge Schmerzmittel ausprobiert und die Beschwerden haben sich unterschiedlich gezeigt. Neben den Schmerzen hatte ich vor allem während der Regel, manchmal aber auch etwa 14 Tage lang, Verstopfungen und Bauchkrämpfe. Ich verlor zehn Kilo Gewicht, da ich – aus Angst vor Schmerzen – keine Lust mehr auf Essen hatte. Viel später zeigte sich bei einer Magnetresonanz, dass ich eine Stenose (Anm. d. Red.: Verengung in Blutgefäßen oder Hohlorganen, die eine normale Passage des Inhaltes, z. B. Darminhalt behindert) im untersten Teil des Darms habe. 
Seit ein paar Jahren habe ich während der Regel gelegentlich heftige Schmerzen im Bereich einer Niere, zweimal hatte ich Nierenkoliken. Noch etwas: Diese Krankheit bewirkte bei mir außerdem Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Das traute ich mich niemandem zu sagen. Mit den Beschwerden ging es immer auf und ab.

Nachdem mir meine Ärzte nie eine Diagnose geben konnten, hörte ich in meinem Umfeld – auf der Arbeit, aber auch im Privaten – oft, dass das alles bestimmt psychisch bedingt sei: Ich wäre unausgeglichen, gestresst, würde zu viel arbeiten, zu wenig auf mich achten usw. Immer wieder suchte ich ärztliche Hilfe, vor allem beim Hausarzt und beim Frauenarzt. In akuten Phasen suchte ich wegen der starken Schmerzen aber auch mehrmals die Notaufnahme verschiedener Krankenhäuser Südtirols und Norditaliens auf. Trotz Schmerzmittel konnte ich wegen der heftigen Krämpfe oft nächtelang nicht schlafen. 

Außerdem war ich bei einer Ernährungsberaterin, bei Gastroenterolog:innen, Neurolog;innen, Gynäkolog:innen (denn der zeitliche Zusammenhang mit der Regelblutung war mir immer klar), Heilpraktiker:innen, Allgemeinmediziner:innen usw. Dementsprechend habe ich auch unterschiedlichste Untersuchungen gemacht – ich habe mich auf Intoleranzen testen lassen, habe verschiedene Blutproben, Darmspiegelungen und zahlreiche Facharztvisiten hinter mir.

Bereits 2005 habe ich meinen damaligen Gynäkologen auf Endometriose angesprochen, da ich davon gelesen hatte. Er meinte, man könne die Krankheit und ob diese der Grund für die Schmerzen sei, nur durch eine Operation feststellen, und es wäre gut zu überlegen, ob man so eine OP macht.

Ich hoffe, dass der Weg zur Diagnose heute etwas leichter verläuft.

Erst als ich mit 33 trotz zweijähriger Versuche immer noch nicht schwanger war, ging ich zu einer anderen Frauenärztin. Nachdem andere Gründe für die ungewollte Kinderlosigkeit ausgeschlossen wurden und nach einem langen Gespräch über meine Symptome, war sich die Frauenärztin sicher, dass ich unter Endometriose leiden würde. Sie schickte mich zu Martin Steinkasserer in Bozen. Er war der erste Arzt in einem Krankenhaus, der mich mit meinen Beschwerden ernst nahm und mir 2013 bestätigte, dass ich Endometriose habe. Plötzlich gab es eine medizinische Erklärung für all meine Symptome und ich fühlte mich endlich gut aufgehoben. Seither betreut mich Steinkasserer. Ich habe 14 Jahre auf die Diagnose Endometriose gewartet.

Da ich immer noch einen Kinderwunsch hatte, nahm ich danach nur ein Jahr lang die Pille. Ich habe sehr viel dafür getan, schwanger zu werden – beim vierten Versuch der künstlichen Befruchtung klappte es endlich. Da war ich schon 39. Mit der ersten Schwangerschaft sind die Endometriose-Beschwerden viel besser geworden.

Zwar mache ich heute immer noch regelmäßig Untersuchungen und während der Regel nehme ich weiterhin Schmerzmittel (und ich muss darauf achten, dass ich sie früh genug nehme), aber ansonsten geht es mir aktuell gut.

Ich hoffe, dass der Weg zur Diagnose heute etwas leichter verläuft. Damals Anfang der 2000er-Jahre hieß es im Krankenhaus immer wieder: „Questa è la croce che noi donne dobbiamo sopportare.“ Und irgendwann glaubte ich selber, ich hätte ein psychisches Problem. Nach jahrelangem Davon-Erzählen und Untersuchen-Lassen wollte ich keinen Arzt und keine Ärztin mehr sehen. Hätte ich nicht unbedingt ein Kind gewollt, hätte ich mir das Ganze bestimmt nicht nochmal angetan.

Anonym, 45 Jahre alt

Dienste

  • News
  • Wetter
  • Verkehrsbericht

BARFUSS


Support BARFUSS!
Werde Unterstützer:in und fördere unabhängigen Journalismus:
https://www.barfuss.it/support

© 2023 SuTi GmbH
© 2023 SuTi GmbH . Rennstallweg 8 . 39012 Meran . MwSt: 02797340219
DatenschutzNetiquetteCookiesImpressum