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Veröffentlicht
am 23.09.2024
Labern

Leben ohne Konrad

Veröffentlicht
am 23.09.2024
Eine Frau verliert ihre große Liebe – und versucht das Leben wiederzufinden. Unsere Buchbloggerin Carmen hat „Die Dauer der Liebe“ von Sabine Gruber gelesen: ein Buch über Tod, Trauer und die Frage, wie lange Liebe andauert, wenn der andere nicht mehr da ist.
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Warum betrachten Menschen die Toten ein letztes Mal? Was glauben sie, noch zu sehen, was sie nicht schon kannten?

S.34

Wien. Ein morgendliches Klopfen an der Tür reißt die Übersetzerin Renata Spaziani aus ihren Gedanken. Sie öffnet die Tür. Ein Polizist steht da. Die Nachricht, die er überbringt, ändert alles. Reißt ihr den Boden unter den Füßen weg. Konrad Grasmann, der Mann, mit dem sie die letzten fünfundzwanzig Jahre zusammengelebt hat, die Liebe ihres Lebens, ist am Vortag auf einem Parkplatz gestorben. Seine Herkunftsfamilie wurde informiert, Renata nicht. Während sie den Schock erst einmal verarbeiten muss, muss sie es gleichzeitig ertragen, wie Konrads Familie ihre Partnerschaft nicht respektiert. Seine Wünsche nicht respektiert. Renata und er waren nicht verheiratet. Sein Testament nicht rechtsgültig. So wurde Renata nicht nur der großen Liebe beraubt, sie muss auch noch dabei zusehen, wie sich seine Familie nach und nach alles unter den Nagel reißt, um es dann online zu verkaufen: die CDs im Auto bis hin zur Einrichtung des gemeinsamen Landhäuschen. Konrad war Architekt und Fotokünstler, er war viel auf Reisen und beschäftigte sich mit faschistischer Architektur in Italien. In den Erinnerungen, die gemeinsamen Erlebnisse mit Konrad und seinen ästhetischen Vorlieben nachspürend, und mit Hilfe ihrer Freunde beginnt Renata, sich einem Leben ohne Konrad zu stellen. Ein Leben, das sie erst neu entwerfen und entscheiden muss, wer überhaupt dazugehören soll.

Es war ein Alleinsein im Zusammensein. Jetzt ist es nur ein Alleinsein.

S. 45

„Die Dauer der Liebe“ von Sabine Gruber ist die Geschichte einer Frau, die ihre große Liebe verliert und versucht, im Leben wieder Fuß zu fassen. Ein Buch über Verlust und Trauer. Loslassen und Weitermachen. Darüber, den Schmerz im Schweigen auszuhalten. Dem Ohnmachtsgefühl entgegenzutreten. Sich erinnern, sich aber nicht an materielle Dinge festzuhalten, denn diese werden ihr genommen – und sie kann nichts dagegen tun.

[…], er gehört zu meinem Leben, auch wenn er tot ist.

S. 146

Die aus Südtirol stammende und in Wien lebende Autorin hat mit ihrem Roman „Die Dauer der Liebe“ ein einfühlsames und ergreifendes Buch geschrieben. Ein Buch über die Vergänglichkeit unseres Daseins. Über das Weiterleben ohne den anderen. Gruber wirft die Fragen auf: Wie lange währt eine Liebe? Wie lange dauert sie an, wenn der andere physisch nicht mehr da ist?

Sabine Gruber schreibt unheimlich klug und poetisch. Sie schafft eine wundersame Balance aus Humor und Zorn. Fassungslosigkeit und Trost. Ein Buch, das seine Spuren hinterlässt. Einfühlsam, gelegentlich wütend und auch komisch trifft es tief ins Innere. Das Buch macht nachdenklich, schenkt aber auch Hoffnung. Die Autorin schafft es, die Trauer in Worte zu fassen, authentisch und stimmig. Sie selbst hat ihren Lebenspartner vor einigen Jahren plötzlich verloren und auch wenn das Buch Fiktion ist, spürt man als Lesende:r den Bezug auf das eigene biografische Erlebte.

„Die Dauer der Liebe“ ist für mich ein gelungenes und trostvolles Buch. Ein Verarbeitungsprozess im Festhalten von Erinnerungen und dem Loslassen von allem Schlechten. Ein Annähern an das Verlorene, sich dem Wesen der Trauer zu stellen. Die Leere zu akzeptieren, um sie neu zu füllen. Über die Dauer der Liebe – und diese über den Tod hinaus zu fühlen.

„Die Dauer der Liebe“ von Sabine Gruber ist im Beck Literaturverlag erschienen.

Mehr feministische Lesetipps unserer Buchbloggerin Carmen Waldthaler 
gibt es auf ihrem Instagram-Channel c_booksblog! #frauenlesen

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