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Noah Ennemoser
Veröffentlicht
am 26.08.2020
LebenKunst im Verborgenen

Die Höhlenmenschen

Veröffentlicht
am 26.08.2020
Eine „Turnhalle für Künstler“: In Benedikt Trois „Cave“ entstehen Bücher, Dramen, Geschichten ohne großes Publikum – Kunst nur für die KünstlerInnen.
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Benedikt Troi auf der Cave-Stage

Einmal im Monat verkriechen sich 15 Künstler und Künstlerinnen zusammen mit Benedikt Troi in seiner „Höhle“. In dieser Höhle, einem Saal des Brixner Theatervereins TPZ , werden Geschichten erzählt, es wird geschrien, geschwiegen, gemalt und gespielt.

Die Vorstellungen in der „Cave”, Englisch für „Höhle“, verlaufen immer plan- und vor allem ziellos. Benedikt Troi, der Brixner Höhlenmeister, gibt weder einen zeitlichen Rahmen noch Richtlinien vor. Auf der Cave-Stage, der „Höhlen-Bühne“, gibt es keine Vorgaben. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen erfahren lediglich ungefähr zwei Wochen vor dem Zusammentreffen das Thema des Abends und können sich dafür anmelden. Daraufhin bereitet jeder Höhlenmensch eine dem Thema passende Darbietung vor. Nach einer kurzen Begrüßung seitens des Höhlenmeisters und einer Einführung in das Thema tritt jede und jeder nacheinander auf. Eine Reihenfolge wird nicht festgelegt, es reicht, sich per Handzeichen zu melden.

Die Idee zur Cave kam dem 24-jährigen Regisseur, Schauspieler und Filmemacher Benedikt Troi eines Tages in seinem Garagen-Büro. Nach einem abgebrochenen Informatikstudium wagte er 2016 den Schritt in die Freiberuflichkeit. Die angemieteten Räumlichkeiten boten noch ungenutzten, sozusagen verschwendeten Platz. Kurzerhand baute er, zusammen mit einigen Freunden, eine kleine Bühne aus Holzpaletten und verkleidete das Gestell mit einem Teppich. Da diese Bühne in der Garage höhlenartig anmutete, bekam sie den Namen „Cave”. Zudem, erklärt der Brixner, orientiere sich das Prinzip der Cave an den Höhlenmenschen: „Diese erfanden eine Kultur für sich, indem sie ausprobierten, was ihnen liegt und was nicht, ohne sich vor jemandem zu rechtfertigen.“

„Wer in seinem Kunstschaffen an einem Punkt angelangt ist, an dem eine Zweitmeinung hilfreich wäre, ist in der Cave gut aufgehoben.“

Für Benedikt ist klar, dass persönliche Geschichten auf großen Bühnen häufig keinen Platz finden und dass sich leider zu viele Menschen hinter großen Themen verstecken, anstatt über das eigene Leben zu sprechen. Daher ist die Cave ein Ort des Probierens, des sich Versuchens und des Sein-Dürfens. Die wohl einzige Cave-Regel ist es, ein Mensch zu sein, den man gerne um sich hat. Auf der offiziellen Homepage wird sie als „Turnhalle für Künstler“ beschrieben. „Wer in seinem Kunstschaffen an einem Punkt angelangt ist, an dem eine Zweitmeinung hilfreich wäre, ist in der Cave gut aufgehoben“, meint Benedikt. In der Höhle wird ein Rahmen des Schaffens und Wohlfühlens geschaffen, genutzt wird dieser von jeder und jedem auf seine eigene Art und Weise.

Benedikt erzählt von einer Teilnehmerin, die auf der Cave-Stage Kapitel aus ihrem Buch vorliest, ohne es aber veröffentlichen zu wollen. So „lebt“ dieses Buch allein in der Brixner Höhle. Oder von einem Poetry Slammer, der entschieden hat, an keinem Wettbewerb mehr teilzunehmen, da ihm diese nur Unwohlsein bereiten. Seine ersten Texte trug er noch, wie gewohnt, mit Mikrofon vor, danach verzichtete er darauf. Das Ambiente der Höhle ermöglichte es ihm, Prinzipien abzulegen und sich dabei dennoch gut zu fühlen.

„Die schönsten Momente sind jene, in denen Menschen zusammen das Richtige schaffen, ohne sich vorher abgesprochen zu haben.“

Auch die Pandemie konnte die Cave- Stage nicht aufhalten: Während des Lockdowns baute Benedikt im Online-Spiel „Minecraft“ eine virtuelle Bühne. Zusammen mit der Kommunikationssoftware „Discord“ entstand so eine digitale Performance: Die acht Teilnehmer und Teilnehmerinnen traten, wie auch bei einer gewöhnlichen Cave-Stage, nacheinander auf und erzählten ihre Geschichten. „Ich weiß noch, einer stand auf dieser ‚Bühne‘, und zu sehen war nicht er, sondern seine Spielfigur, und er erzählte eine unheimlich persönliche Geschichte und das alles in einem Computerspiel!“, erinnert sich Benedikt. Optimal schien diese Art des Zusammentreffens zwar nicht, aber der Zweck wurde erfüllt.

So einfach und spontan die Cave erscheinen mag, ihr Konzept des Sich-Probieren-Dürfens kommt an. Es ist ein Ort, an dem das Publikum die Künstlerin oder den Künstler ohne Erwartungen annimmt und wo nichts unter Druck entstehen muss. Genau das war Benedikt am Konzept der Cave wichtig: „Die schönsten Momente sind jene, in denen Menschen zusammen das Richtige schaffen, ohne sich vorher abgesprochen zu haben.“

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