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He says:
„Ich mach zuhause die Wäsche, die Frau bringt das Geld heim.“ – Es gab eine Zeit, da konnten alle Beteiligten über den Satz lachen. Ich saß noch in den Hörsälen und meine Freundin hatte ihr erstes gutbezahltes Praktikum ergattert. Solange klar war, dass es sich nur um eine vorübergehende Situation handelt, konnte man darüber Späße machen, ich, sie, unsere bereits gutverdienenden Freunde. Ganz entspannt und emanzipiert hinter dem Schutz der Selbstironie. Aber was, wenn aus der Ironie knallharte Realität wird und sie permanent mehr verdient als ich? Gar nicht so unwahrscheinlich, bei einem Lokaljournalisten und einer Architektin.
Dass das problematisch werden würde, zeigt sich schon jetzt. Ein Restaurantbesuch da, eine kleine Aufmerksamkeit dort. Romantische Gesten, die dem Alltag einer Langzeitbeziehung die nötigen Glitzermomente verpassen, hängen oft noch am Geldbeutel des Mannes. So wird das nach wie vor in jedem Film, in jedem Musikvideo und in jedem Roman vorgemacht. Und Gefühle scheren sich bekannterweise wenig um kulturelle Hintergründe, um Sozialisierung und Kapitalismuskritik. Das Prinzessinnengefühl, das aus dem Eingeladen-werden entsteht, lässt sich auch nach hundert feministischen Lektüren nicht wegargumentieren.
Das Prinzessinnengefühl, das aus dem Eingeladen-werden entsteht, lässt sich auch nach hundert feministischen Lektüren nicht wegargumentieren.
Wenn aber die Frau 2500 und der Mann 1300 netto verdient, sind die Märchen abrupt zu Ende. Und die Ideale von Gleichstellung und Emanzipation werden in der Realität auf eine harte Probe gestellt. Ein modernes Paar zu sein, das bedeutet freilich, dass sich die Frau auch mal revanchiert. Aber wie nachhaltig ist eine Beziehung, wo die Frau so gut wie immer zahlen muss, weil sie die Besserverdienende ist?
Dass das oft schiefgeht, liegt an beiden Beteiligten. Davon zeugen unzählige Erfahrungsberichte, aber auch Studien. So ergab eine Untersuchung aus den USA, dass Männer im Schnitt dann am zufriedensten sind, wenn die Frau 40 Prozent des Gesamteinkommens beiträgt. Männer, die weniger verdienten, litten demnach häufiger unter psychischem Stress.
Ein Stress, der aber auch von den Erwartungen der Frauen befeuert wird. Nur 43 Prozent der Frauen könnten sich ein Ungleichgewicht des Einkommens zu ihren eigenen Gunsten vorstellen. Also wie war das noch mal mit: Wir müssen den „Gender Pay Gap“ schließen?
She says:
Männer klagen häufig über dieses Dilemma: einerseits will frau Selbstbestimmung und Gleichberechtigung, wenn es aber darum geht, die Brieftasche zu zücken, verirrt sich frau gerne wieder in die 60er Jahre zurück.
Zwar habe ich keine Studien, die solch ein Phänomen widerlegen, doch aus eigener Erfahrung und aus Gesprächen mit Freundinnen wage ich zu behaupten: Emanzipierten Frauen ist es wichtig, sich am Pärchen-Leben finanziell gleichermaßen zu beteiligen. Zwar wird nicht akribisch Excel-Tabelle geführt („Schatz, du schuldest mir noch 1,25 Euro für den letzten Espresso“), doch wird versucht, eine Balance zu halten, sodass sie die Zugkosten trägt, nachdem er letzten Monat das gemeinsame Netflix-Abo bezahlt hat.
Keine Frau, die aus stereotypen Geschlechterrollen ausbrechen will, verlangt vom Mann, kategorisch beim Restaurantbesuch die Rechnung zu übernehmen. In meiner Erfahrung ist es meist der Mann, der darauf besteht, zu bezahlen, als wolle er damit ein Alpha-Männchen-Siegel ergattern oder eine Beglaubigung zur Partner-Tauglichkeit. Das heißt nicht, dass es nicht auch Frauen gibt, die genau das von einem Mann erwarten, und somit unbewusst bestimmte Stereotype reproduzieren – wir sind schließlich alle Opfer des Systems.
Knifflig wird es mit der Emanzipation freilich, wenn nicht alle Voraussetzungen für eine gleichberechtigte Partnerschaft gegeben sind. Dazu gehört etwa der Gender Pay Gap. Und diese Lücke klafft, entgegen deinem Individualbeispiel Teseo, meist im Geldbeutel der Frau. Wie der Global Gender Gap-Report 2020 des World Economic Forum zeigt, verdient ein italienischer Mann im Durchschnitt 31.600 Euro im Jahr, eine Frau durchschnittlich 17.900 Euro.
Anstatt sich über das vermeintliche Prinzessinnenverhalten mancher Frauen aufzuregen, wäre es effektiver, zur Schließung der Gender Pay Gap beizutragen, indem man(n) mehr Hausarbeit mitträgt, in Vaterschaft geht, und, falls man(n) Unternehmer ist, mehr Frauen einstellt und befördert.
Besonders auf Emanzipation bedachte Frauen kommen so in eine Zwickmühle. Sie möchten gerne denselben Anteil der Miete übernehmen, oder ihren Partner ins Restaurant einladen, können es sich aber schlicht nicht leisten, oder zumindest finanziell nicht den Lebensstil mittragen, den der besserverdienende Partner sich vorstellt. Dieses Gefühl der finanziellen Unterlegenheit führt bei Frauen, die viel Wert auf Gleichstellung legen, zu einer unangenehmen inneren Zerrissenheit.
Der Gender Pay Gap zeigt: Klagen über Frauen, die sich beim romantischen Candle-Light-Dinner nicht sofort auf die Rechnung stürzen, sind Luxusproblemchen verwöhnter Männer. Anstatt sich über das vermeintliche Prinzessinnenverhalten mancher Frauen aufzuregen, wäre es effektiver, zur Schließung der Geschlechterlücke beizutragen, indem man(n) mehr Hausarbeit mitträgt, in Vaterschaft geht, und, falls man(n) Unternehmer ist, mehr Frauen einstellt und befördert. Stehen wir erst mal auf derselben Gehaltsstufe bei selber Arbeit, und laut Berechnungen im Gender Gap-Bericht passiert das global erst in 257 Jahren, können wir darüber sprechen, wer die Kosten für den nächsten Sonntagsbrunch übernimmt.
Autorin: Julia Tappeiner
Seit ihrer Zeit im patriarchalen Kasachstan eine überzeugte Feministin. Steht nichtsdestotrotz auf rasierte Achseln, hasst keine Männer und lässt sich von ihrem Freund auch mal einladen. Der nächste Aperitivo geht dann wieder auf sie.
Autor: Teseo La Marca
Progressiv mit Vorbehalten. Glühender Verfechter der echten Gleichberechtigung. Ärgert sich aber insgeheim, wenn er im Haushalt mehr machen muss als seine Freundin.
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