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Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 03.10.2016
LeuteAuf a Glas'l mit Modelagent Gottfried Heiss

Der Modelmacher

Veröffentlicht
am 03.10.2016
Er wurde auf der Straße entdeckt und modelte für die großen Modehäuser in Paris oder New York. Heute hat Gottfried Heiss seine eigene Modelagentur in Mexiko.
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Vor 24 Jahren wurde er auf der Straße entdeckt. Heute ist er selbst derjenige, der Models entdeckt. Er trägt ein dunkelblaues Hemd mit geometrischen Mustern vom kanadischen Designerduo Dsquared, seine Hose schlicht, von Dolce&Gabbana. Um seine kastanienbraunen Augen sind kaum Falten, nur müde wirken sie – der Jetlag.

Gottfried Heiss, 46 Jahre alt und 1,87 Meter groß, ist gerade von seiner Wahlheimat Mexico City nach Südtirol gereist. Das ehemalige Model besitzt dort die Modelagentur „GH Management“. Jeden Tag steht er um sechs Uhr auf und trainiert zwei Stunden lang im Fitnessstudio. Um acht Uhr gibt es Frühstück, danach geht er ins Büro. Bis um sieben Uhr abends erledigt er seine Arbeit – Buchungen für Models, Emails und Fittings. Heiss hat bereits einige Models entdeckt.

Gottfried Heiss reist regelmäßig – mit dem Jetlag kämpft er immer noch.

Deine Karriere hast du als Model begonnen. Wie kam es dazu?
Als ich jung war, wollte ich von Südtirol weg, das sage ich ganz ehrlich. (lacht) Ich habe in München ein Studium als Bürokaufmann angefangen. 1992 haben mich dort zwei Scouts der Agentur Ricardo Gay aus Mailand auf der Straße angesprochen. Topmodels wie Naomi Campbell, Kate Moss und Carla Bruni arbeiteten damals für die Agentur. Ich dachte mir, ich probiere es einfach, bin für eine Saison nach Mailand und konnte sofort für Armani und Valentino modeln. Dann ging ich nach Paris und so ging es immer weiter.

Wie ist das Leben als Männermodel?
Durch das Modeln bin ich um die ganze Welt geflogen und habe viele Leute kennengelernt. Es war total aufregend. Ich habe viele tolle Jobs gemacht, darunter die weltweite Moschino-Kampagne und das Modeln für Jean Paul Gaultier in Paris.

Was hat deine Familie damals dazu gesagt, dass du Model wirst?
Meine Familie hatte mit dem Business so wie ich anfangs nichts am Hut. Ich komme vom Bauernhof und vieles konnten sie sich überhaupt nicht vorstellen. Es ist eine andere Welt. Mailand und Paris waren vor allem damals so ganz anders als Südtirol. In Südtirol wurde man als Mann entweder Handwerker oder Bauer. (grinst)

Gab es viele Angebote von weiblichen Kolleginnen?
(grinst) Die gab es natürlich, aber das Leben als Model ist ein einsames. Auch wenn die Modewelt nach viel Glitzer und Glamour aussieht, es ist harte Arbeit, die man auf einer Modenschau oder auf dem Foto im Magazin nicht sieht. Man weiß nicht, dass zwölf bis 15 Stunden Shooting dahinterstecken und es ein ganzes Team aus Fotografen, Make-up-Artists oder Lichtassistenten dazu braucht. Damals habe ich oft von fünf Uhr in der Früh bis spät am Abend gearbeitet.

Warum hast du vor fünf Jahren mit dem Modeln aufgehört?
Ich habe damals mit dem Managen angefangen, und es kam schnell der Erfolg. Dann hatte ich keine Zeit mehr, mit dem Modeln weiterzumachen. Vor vier Jahren habe ich die Agentur gegründet. Ich habe heute 220 Models weltweit und viel zu tun.

Wie hat sich die Modelbranche in den letzten Jahren verändert?
Es hat sich sehr viel geändert, vor allem in den letzten drei Jahren. Es ist alles viel hektischer. Heute ist der letzte Tag in New York der erste in London und der letzte in London der erste in Mailand. Oft wird den Models noch vor dem Rausgehen auf dem Laufsteg der Auftrag abgesagt. Außerdem ändern sich die Trends andauernd. War die letzten drei Jahren noch Bart total in, ist er heute schon wieder out. Bei Männern wird weniger auf Muskeln gesetzt. Früher waren wir alle aufgepumpt, haben uns jeden Tag im Fitnessstudio abgeplagt. Heute sind die Männermodels eher schlaksig oder eben auf eine Art extrem, wie Rick Genest alias Zombie Boy.

Ist Magerwahn auch bei Männern ein Thema?
Bei den Männern ist das Thema Magersucht nicht so präsent. Bei den Frauen schon, das bekomme ich hautnah mit. Ich sage immer, sie müssen essen – es ist total ungesund, nicht zu essen. Aber einige Agenturen sagen immer öfter, es müssen noch einige Zentimeter runter. Das ist problematisch. Mit richtiger Ernährung Kilos verlieren ist ok, aber nicht durch hungern.

Du hast tagtäglich mit dem Geschäft der Schönheit zu tun. Wie viele Cremetiegel stehen bei dir zu Hause im Bad?
Viele. (lacht) Ich achte schon darauf, es ist wichtig für mich. Auch als Agenturchef muss ich gepflegt aussehen.

Heute entdeckt er neue Talente auf der Straße.

Du bist auch oft als Scout unterwegs, suchst nach neuen Models. Welche Kriterien müssen sie erfüllen, damit du sie in deine Kartei aufnimmst?
Ich kenne meinen Markt und weiß, worauf ich achten muss. Frauen müssen mindestens 1,75 Meter groß sein, Männer 1,85 Meter. Die Maße bei Frauen sind heute 90-60-88. Wenn ich Models mit 90 oder 92 Zentimetern Hüftumfang zum Casting schicke, werden sie meist abgelehnt. Das finde ich fragwürdig. Die Männer müssen nicht mehr „hübsch“ sein. Als ich Christian Garcia entdeckt habe, meinten viele zu mir: Was willst du mit dem „Biabl“. Er war 1,89 Meter groß, braune Haare, braune Augen, hager, mit etwas abstehenden Ohren. Kein typisches Model. Ich habe ihn nach Paris geschickt und er ist eingeschlagen wie eine Bombe. Heute modelt er für Prada, Louis Vuitton oder Dior.

Du pendelst zwischen deinen Hauptwohnsitzen in Mexico City, New York und deinem Wohnsitz in Meran. Das klingt nach Stress …
Es ist sehr stressig, vor allem wenn die Fashion Weeks stattfinden. Zwar gehe ich nicht auf alle, aber ich schicke meine Models auf jede einzelne und das ist auch für mich sehr stressig.

Wie läuft es ab, wenn deine Models gebucht werden?
Designer geben mir zuerst eine Option, sie sind also nur zu 50 Prozent gebucht. Dann muss ich ein aktuelles Foto ohne Make-up hinschicken, weil sie wissen wollen, wie das Model genau aussieht. Erst danach kommt die fixe Buchung – oder eben nicht. Beim ersten Fitting werden die Kleider anprobiert und die Models über Nacht in die Kleider eingenäht. Alles muss exakt passen.

„Wenn man mich nicht entdeckt hätte, wäre ich wahrscheinlich irgendwo in einem Büro, verheiratet und hätte Kinder.”

Warum hast du dich für Mexico City entschieden?
Ich habe drei Jahre in Paris gelebt, dann in New York und für eine Saison in Mexiko. Dort hat es mir vor allem wegen des Klimas sehr gut gefallen. Ich habe vielleicht sechs Monate lang dort gelebt, die restliche Zeit war ich in Mailand, Paris, London, New York und Deutschland unterwegs. Dann habe ich in Mexiko weitergemacht. Durch meine vielen guten Kontakte konnte ich dort schnell Karriere machen.

Wie oft zieht es dich zurück in die Heimat?
Ich komme oft nach Südtirol. Im Sommer normalerweise für drei Wochen, ansonsten zu Weihnachten und Ostern. Es ist immer toll hier, die Heimat vergisst man eben doch nie. Wenn man jung ist, ist das vielleicht noch anders, da will man die große weite Welt sehen und alles ist aufregend. Aber ich habe so viel erlebt – jetzt freue ich mich immer auf Südtirol.

Was vermisst du am meisten?
Die Berge, die Luft und das Wasser. Das klingt vielleicht komisch und die Leute, die hier leben, können sich das wahrscheinlich gar nicht vorstellen. Wenn man in Großstädten mit 20 Millionen Einwohnern lebt, spielen Luft und Wasser aber eine große Rolle. Hier kann man das Wasser einfach so trinken, drüben geht das nicht. Ich genieße das total, wenn ich mal wieder hier bin. Das Essen genauso.

Was wäre, wenn man dich nie als Model entdeckt hätte?
Wenn ich hier geblieben wäre, hätte ich wahrscheinlich ein total anderes Leben. Ich würde wahrscheinlich in einem Büro arbeiten, wäre verheiratet und hätte Kinder. Diese Leben kann man wirklich nicht vergleichen.

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