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Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 03.08.2015
LeuteAuf a Glas'l

Im Rampenlicht

Veröffentlicht
am 03.08.2015
Die Schauspielerei hat sie schon beim Verkleiden bei Oma in ihren Bann gezogen. Jetzt hat die Kaltererin Lissy Pernthaler den Sprung ins Filmbusiness geschafft.
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Sie sitzt im hinteren Bereich des Restaurants Hidalgo in Burgstall hinter einer Flasche Wasser. Ihre Haltung ist aufrecht, gleicht der einer Balletttänzerin, ihre Stimme sanft und leise. Lissy Pernthaler ist Schauspielerin, Performancekünstlerin, Yogalehrerin, Autorin und jetzt arbeitet sie auch noch im Restaurant ihres Lebensgefährten mit. Die 32-jährige gebürtige Kaltererin ist eine Macherin, voller Kreativität und würde am liebsten alles zur gleichen Zeit machen.

Als sie noch in Berlin gelebt hat, stand sie oft unter Druck, sagt Pernthaler: „Man muss ja erfolgreich sein heutzutage, überhaupt wenn man in die Welt hinauszieht und Schauspiel studiert“. Dann lacht sie. Sie wurde oft wurde gefragt, wann sie denn endlich im Fernsehen zu sehen sei. Jetzt ist es bald soweit. Für den Film „ELSER – Er hätte die Welt verändert“ mit Pernthaler als Protokollführerin wurde sie „für das Kino entjungfert“, wie sie sagt. Jetzt ist ihr zweiter Kinofilm „Maikäfer flieg“ im Kasten.

Warum hast du dich für die Schauspielerei entschieden?
(denkt nach) Ich weiß nicht, ob ich mich entschieden habe. Sie hat mich wohl eher in ihren Bann gezogen und gefunden. Ich habe schon als Kind in der Schule und als Jugendliche dann in der Theatergruppe „Innenseite“ in Kaltern, die meine Mutter Dorothea ins Leben gerufen hat, gespielt und mich immer schon gerne mit Omas alten Unterröcken und Pyjamas gemeinsam mit meinen zwei Geschwistern verkleidet. Mein Opa, den ich leider nicht mehr kennengelernt habe, hat in Kaltern die Theatergruppe geleitet. Alle haben gesagt, das Talent habe ich sicher von ihm. Obwohl ich ihn nie persönlich kennenlernen durfte, spüre ich eine Verbundenheit mit ihm, als hätte er sich mich ausgesucht, sein Erbe weiterzuleben.

Was ist schöner? Bühne oder Kamera?
Das kann ich nicht vergleichen. Ich bin mit dem Theater groß geworden und habe es von Anfang an ausgelebt und kennengelernt. Seit einem Jahr mache ich die Erfahrung mit dem Film. Es ist wahnsinnig spannend und eine ganz andere Art zu arbeiten, die mir aber norret guat gefällt. Sie ist
in mancher Hinsicht viel technischer und oft sehr viel einsamer, weil die Vorbereitung nicht im Ensemble, sondern meistens alleine stattfindet.

Wie bereitest du dich denn für eine Rolle vor?
Meine Herangehensweise ist, dass ich sehr viel lese und über die Zeit und über das Thema recherchiere. Dann versuche ich mich wieder komplett leer zu machen und etwas zu finden, was ich mit der Figur gemeinsam habe. Es ist manchmal die Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner. In dem Moment, wo es im Film zum Dialog kommt, hole ich alles, was ich gelesen habe, hervor und bringe es in die Szene und die Figur hinein. Es ist schwer zu beschreiben, am ehesten kann man sich das so wie einen Download von einer Cloud vorstellen. Zuvor habe ich da alles extern gespeichert, es vergessen, und kann im benötigten Moment direkt darauf zugreifen und werde gefüllt.

Gerade hast du den Film „Maikäfer flieg” nach dem Roman von Christine Nöstlinger unter der Regie von Mirjam Unger abgedreht. Wie ist es, für einen Kriegsfilm vor der Kamera zu stehen?
Zu realisieren, dass man einen Film abgeschlossen hat, wir nennen das „ich bin abgedreht“, dauert eine Zeit, weil ich mich so intensiv darauf vorbereitet habe. Ich habe seit meinem Drehende sicher fünf Mal zu meinem Lebenspartner gesagt: Krass, jetzt ist es vorbei … (lacht) Ich war Ludmilla, eine russische Offizierin. Wir haben anfangs in Tscherms auf Schloss Baslan gedreht und es war total absurd, als ich mit einer russischen Uniform da stand mit 30 bis 40 russischen Soldaten um mich herum. Das hat schon etwas mit mir gemacht. Dieser abstrakte Krieg, den wir aus den täglichen Medienberichten kennen, wird auf einmal seltsam konkret. Es ist nicht nur ein „Krieg-Spielen“, wir fungieren als Spiegel, der Film spielt zwar im letzten Monat des 2. Weltkrieges, aber er erzählt gleichzeitig auch von heute, dem IS, dem Terrorismus, das war der Regisseurin wichtig.

Gibt es einen Charakter, den du am liebsten spielst?
Nein, ich suche immer etwas, was die Figur mit mir gemeinsam hat, und wenn es nur ist, dass ich die Figur hasse. Einmal habe ich im Theater an der Etsch in Neumarkt bei der Uraufführung des Stücks „Regen übers Land“ von Hans Karl Peterlini eine Terroristin, die eine Bombe baut, gespielt. Da habe ich auch nicht gesagt, die spiele ich nicht. Ich bin neugierig, so jemanden kennenzulernen.

Lissy Pernthaler ist es gewohnt in verschiedene Rollen zu schlüpfen.

Gibt es eine Rolle, die du sofort ablehnen würdest?
Nein, es kommt immer auf den Kontext an. Stimmt die Geschichte, die Figur, wer führt Regie, was ist die Vision, die der Film erzählen will?

Schaust du dir bei anderen Schauspielern manchmal etwas ab?
Neulich habe ich Mortdecai, eine US-amerikanische Krimikomödie geschaut. Eine Szene habe ich öfters angeschaut, das mache ich normalerweise nicht. Der Diener von Johnny Depp serviert seinem Filmpartner Ewan McGregor fies stinkenden Käse und das präzise handwerkliche Spiel der beiden ist einfach nur atemberaubend. Seit ich die Erfahrung gemacht habe, wie Filmemachen funktioniert, sehe ich auch den technischen Aspekt eines Films. Und von solchen Kalibern von Schauspielern kann man nur lernen. Das war schon bei „Elser – Er hätte die Welt verändert“ so. Da konnte ich von großen deutschen Schauspielpersönlichkeiten wie Burghart Klaußner oder Christian Friedel lernen.
Man muss beim Film jede Szene mehrmals wiederholen, weil sie nacheinander aus verschiedenen Perspektiven und Einstellungen gefilmt wird. Als Schauspielerin muss ich dann immer die Szene präzise wiederholen und zum Beispiel ein Glas immer gleich hochhalten.

Neben der Schauspielerei schreibst du auch Kurzgeschichten, Gedichte, szenische und journalistische Texte. Was gibt dir das Schreiben?
Es ist ein Ausdrucksmittel. Ich kann dadurch gewisse Sachen filtern und verarbeiten. Oft, wenn ich ältere Texte von mir lese, denke ich manchmal: Das habe ich geschrieben? (lächelt) Es ist eine Art mich zu spiegeln, mich kennenzulernen. Wenn ich viel geschrieben habe, dann möchte ich das freilassen, damit etwas Neues nachkommen kann. Deswegen habe ich 2009 die Kurzgeschichten „Lorbeer und Zitrone“ veröffentlicht.

Eine Kritik des Buches lautete: Ihre Geschichten reißen und zerren am Leser, der sich bis zum Ende nie ganz sicher sein kann, ob es Gutes verheißt, wenn die Liebe gewinnt …
Okay. (lacht) Das ist lange her. Das wurde vielleicht geschrieben, weil manche Geschichten ziemlich radikal sind. Es sind 14 Kurzgeschichten, oft auch super kurze – Kürzestgeschichten. Sie handeln alle vom Thema Liebe. Das ist mein Motor, auch im Leben. Ich könnte glaube ich z. B. keine Krimis schreiben, ich schreibe lieber über die Liebe in all ihren Facetten.

Du hast ja mehrfach Preise abgestaubt beim Literarischen Wettbewerb der Stiftung Südtiroler Sparkasse und des Südtiroler Autorenbundes. Was glaubst du, macht deine Texte so besonders?
Keine Ahnung. (Pause) Es hängt immer davon ab, wer hinter der Jury steckt und ob die Texte etwas in den Juroren auslösen. Vielleicht treffe ich auch den Nerv der Zeit, ich weiß es nicht. Mir hat es immer gefallen, den Zugang über starke sprachliche Bilder zu finden, die oft brutal oder radikal sein können, damit sie mit dem Leser etwas machen. Meine Performance „Meine Haut mit Worten“ habe ich mit meinem Statement „Poesie ist die radikalste Form der Liebe“ untertitelt. Ich liebe Gedichte total, durch sie bin ich auch zum Schreiben gekommen.

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Ich überlege oft, wie man es schaffen könnte, dass die Lyrik gesellschaftsfähiger, „salonfähiger“ wird. Ich suche bis heute nach einem Weg und ich glaube ich habe einen gefunden. (lacht)

Welcher wäre das?
Ich kreiere seit 2007 Performances und performative Aktionsräume mit meinem Label „Blütenwerfer Performances“. Eine Performance kann man sich aber nicht an die Wand hängen wie ein Kunstwerk und sie ist somit auch schwerer zu verkaufen. Das „Vergehende“, die Einmaligkeit einer Performance, wie von einer Theateraufführung, macht zwar ihren Reiz aus, aber irgendwann wollte ich sie greifbarer machen und habe eine Performance für Video kreiert. Enstanden ist „Dark Diary“, meine bisher persönlichste Arbeit. Jetzt möchte ich einen Hybriden aus Poesie und Performance mit vielen Akteuren realisieren. Die Idee ist da, jetzt muss mir nur noch die Zeit nehmen, das Konzept auszuarbeiten.

Kundalini Yogalehrerin bist du auch noch. Hast du überhaupt noch Freizeit?
In einem Blog-Artikel einer lieben Bekannten über die Generation Y habe ich neulich gelesen, dass für uns Arbeit und Freizeit ineinander übergehen. Ich empfinde genauso. Sicher gibt es Momente, wo ich gestresst bin und 1.000 Ideen habe, aber an manchen Tagen fordert mein Körper ein, dass ich mal nichts mache, was mir zugegeben sehr schwer fällt. (lacht)

Du hast lange Zeit in Berlin gelebt. Was vermisst man in einer solchen Metropole an Südtirol?
Die Entscheidung zurückzukommen, war ein langer Prozess. Auch wenn ich viel Wertvolles wie meine Freunde zurücklassen musste, jetzt bin ich froh die Entscheidung getroffen zu haben. (lächelt) Ich konnte in Berlin zwar so sein wie ich wirklich bin, was mir hier in der Jugend oft durch die Gesellschaft und ihre Ansichten erschwert wurde – so habe ich es zumindest damals empfunden – aber am Ende war ich in Berlin doch immer eine Südtirolerin. Ich trage meine Heimat in mir verwurzelt, nur wusste ich das lange Zeit nicht. Es hat geschlummert in mir und nun bin ich da: Ich schaue mich um, da sind Natur, Berge. Dass ich weg gegangen bin, war wichtig, um vieles zu erkennen. Aber es wirklich zu leben, wer ich bin, was mir Stabilität gibt, das konnte ich erst hier in meiner Heimat wieder erfahren.

Abschließend noch drei Fragen ohne Worte

Wie reagierst du, wenn du für eine Rolle angefragt wirst?

Was machst du für ein Gesicht, wenn dich dein Freund überrascht?

Was machst du für ein Gesicht, wenn es eine Woche lang regnet?

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