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Marianna Kastlunger
Veröffentlicht
am 23.01.2018
LeuteRandsport Spartan Race

Hindernishelden

Veröffentlicht
am 23.01.2018
Er kriecht durch Schlamm, robbt unter Stacheldraht hindurch und überwindet brennende Holzhaufen. Luca Pescollderungg ist kein Soldat, er ist Spartan-Sportler.
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Luca Pescollderungg in Aktion

Wenn Luca Pescollderungg mutig über lodernde Flammen springt, entstehen Szenen, die spannender nicht choreographiert werden könnten. Was später auf Fotos wie ein Film-Still aus einem Actionstreifen aussieht, ist in Wirklichkeit nur der krönende Abschluss eines Hindernisparcours. „Dieser Sprung ist auch nicht besonders schwer“, verrät er und grinst. Zu diesem Zeitpunkt haben Teilnehmerinnen und Teilnehmer wesentlich fiesere und nicht minder spannende Aufgaben bewältigt: Sie mussten sich etwa im Schlamm unter einem Stacheldrahtzaun durchwälzen, schwere Metallketten tragen oder den Überhang an einem Klettergerüst mit reiner Armeskraft überwinden. Willkommen beim „Spartan Race”, einer eigenen Hindernislauf-Disziplin in der Obstacle Course Races Liga (kurz OCR-Liga).

Als Luca 2016 an seinem ersten Wettkampf in Oberndorf bei Kitzbühel in der offenen Kategorie teilnahm, wollte er einfach mal schauen, was er draufhat. Hohe Erwartungen hatte er nicht. Er war doch nur einer von fast fünftausend weiteren Konkurrentinnen und Konkurrenten. Aber sehr motiviert. Vorerst galt es also, herauszufinden, wie weit er kommen würde. Dann erreichte er den 22. Platz und qualifizierte sich damit für den darauffolgenden Wettkampf in Frankreich. Diesmal aber in einer geschlossenen Kategorie, in der sich die Top-Riege misst. „O la va, o la spacca“, dachte er sich wieder und erinnert sich: „Ich trat also gegen sehr erfahrene Leute, auch Profis, an und hatte einmal mehr keine hohen Erwartungen.“ Und wieder war der heute 26-Jährige erfolgreich. In Le Castellet holte er den neunten Platz und somit auch ein Ticket zur Europameisterschaft.

2017 ging noch mehr: Er wurde Mitglied des Italienischen Nationalteams, nahm an EM und WM teil und wurde jeweils Zehnter in einem Einzel- und in einem Teambewerb. „Der WM-Einzelbewerb lief leider nicht so gut“, bedauert er. Als Luca den Teil mit dem „Bucket-Carry” absolvieren musste, also einen Lauf mit einem vollen, vierzig Kilogramm schweren Kübel, unterschätzte er die Beschaffenheit des Füllmaterials, das während der Runde zu tief absank. „Das verstößt gegen die Regeln, und als Strafe musste ich eine Extra-Runde laufen. Es reichte nur für den 84. Platz.“ Trotzdem stand er im vergangenen Jahr sieben Mal auf einem Podest. Somit ist der Ladiner heute einer der besten Spartan Racer Europas. Und er hat Bock auf mehr.

Aroo! Aroo! Aroo!

In einer gemütlichen Bar daheim in Stern bestellt Luca einen Espresso und plaudert freundlich mit der Kellnerin. Er wirkt wie ein ganz normaler junger Mann, friedlich, anders als die kämpferische, moderne Spartiaten-Version seiner selbst, die auf offiziellen Bildern zu sehen ist. Die kraftvolle, dynamische Inszenierung ist jedoch eine grundlegende Zutat für den Erfolg dieser neuen Sportart. Sie begeistert ein immer größer werdendes Publikum, sowohl durch die Verbreitung diverser Videoclips im Netz als auch live vor Ort. Rein oberflächlich betrachtet ist dieser Hürdensport eher eine harte, protzige Angelegenheit für ebenso harte und protzige Leute. Stacheldraht, Schlamm und der berühmte Kampfschrei „Aroo!“ aus dem Zack Snyder Film „300“, der wie ein gebrülltes Bellen daherkommt, verstärken dieses Klischee. „Aber das ist längst nicht alles“, beschwichtigt Luca, lächelt und gönnt sich einen Schluck Kaffee.

Breite Schultern, breites Interesse

Er habe immer Sport getrieben, hauptsächlich Fußball. Dann kamen die Knieprobleme, und er widmete sich dem Krafttraining, um einen Ausgleich zu finden. „Ich wurde kräftiger und kräftiger“, schildert er und deutet mit den Händen auf die zunehmende Weite seiner damaligen Schulterpartie. Irgendwann fühlte er sich zu schwer, also fing er mit Berglaufen an. Ein Freund wusste von seinem Dilemma und erzählte von diesem neuen Sport, der in seinen Augen ideal zu Luca passte. „Als ich Stacheldraht und Co. in einem Video sah, war ich zuerst skeptisch und dachte einfach: Nana!“ Der Gedanke an diese spezielle OCR-Disziplin ließ ihn trotzdem nicht mehr los. Zudem war er Anfang 2016 oft mit Freunden in Lokalen unterwegs. „Ich bin ein geselliger Typ, setze mir aber auch gerne Ziele, um fit zu bleiben,“ erinnert er sich. Da wurde er auf den Oberndorfer Spartan Race-Termin aufmerksam und meldete sich kurzerhand an: Ein geeignetes Ziel, worauf er sich mit Training in Eigenregie vorbereitete. Den Rest kennen wir ja.

Was ein Körper alles kann

Warum ausgerechnet dieser Sport? „Weil er eine spannende Mischung aus Kondition, Geschicklichkeit und Kraft fordert und fördert“, so Luca Pescollderungg. Er besteht im Kern aus Langstrecken- oder Bergläufen, die in die Kategorien „Sprint”, „Super” und „Beast” unterteilt werden. Diese sind jeweils bis zu 10, 20 oder 30 Kilometer lang, dauern bis zu drei Stunden und bestehen aus unterschiedlichen Aufgaben und Hürden, die überwunden werden müssen. Das Hürdendesign stammt hauptsächlich aus dem Crossfit, also indirekt aus Übungen für die Ausbildung beim US-Militär.

Die richtige Vorbereitung darauf ist laut Luca am schwierigsten: „Wenn man beispielsweise am Monkeybar, also einer Art Klettergerüst, von Ring zu Ring hechten muss, ist nicht nur Kraft, sondern auch Technik gefragt“, schildert er, „da sollte man den Körper richtig schwingen können, wie ein Äffchen.“ Deshalb verbringt der Sportler nicht nur viele Stunden am Laufband oder in den Dolomiten, sondern auch mit Dehnungs-, Kletter-, Balance- und Stabilitätsübungen. Mittlerweile lässt er sich von einem Sportärzteteam unterstützen, um effektiver zu trainieren. Dabei hört er gerne – wie passend – Power Metal. „Als Motivationshilfe“, lacht er. Er liebt es, die erarbeiteten Fortschritte und Ergebnisse zu beobachten: „Ich mache das nicht aus Freude an der Qual, sondern um herauszufinden, was mein Körper alles leisten kann.“ Selbst Gedächtnisübungen gehören dazu. Im Laufe eines Rennens gilt es auch, sogenannte Memory Tests zu absolvieren: Dabei tauchen im Parcours verschiedene Symbole auf, die man sich in der exakten Reihenfolge merken muss, weil sie kurz vor dem Ziel nochmal abgefragt werden.

Diesen Abwechslungsreichtum mag Luca sehr. Die Trainingseinheiten absolviert der Forstbeamte und Büroangestellte nebenberuflich. Ohne finanzielle Unterstützung durch Sponsoren könnte er sich nur die Hälfte der Wettkampftransfers leisten. Im Moment pflegt er aber vielversprechende Kontakte zu unterschiedlichen Marken, die image-mäßig gut zum Sport passen würden. Man merkt schnell, dass er leidenschaftlich für seine Disziplin brennt. Auf die Frage, ob er einen Spartan-Lauf in seiner Heimat gut fände, nimmt sein begeisterter Gesichtsausdruck die Antwort vorweg. Dann sagt er noch: „Das wäre schon toll, so ein Wettkampf würde richtig gut hierherpassen. Aber bis es soweit ist, konzentriere ich mich lieber auf mein Training und die kommenden Rennen. Und dann, wenn ich richtig gut bin, wer weiß…“

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