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Matthias Mayr
Veröffentlicht
am 20.07.2015
LeuteAuf a Glas'l mit Petra Zublasing

Die Sportschützin im Visier

Veröffentlicht
am 20.07.2015
„Schießen hat nichts mit Gewalt zu tun", sagt Petra Zublasing. Warum die Weltmeisterin im Sportschießen von Obama eingeladen wurde und worin ihr Erfolgsrezept liegt.
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Petra Zublasing ist die mit Abstand beste und erfolgreichste Sportschützin des Landes. Nach dem Studium in den USA ist die 26-Jährige wieder in ihre Heimatgemeinde Eppan gezogen und wohnt dort mit ihrem Lebensgefährten, dem Toskaner Niccolò Campriani, selbst erfolgreicher Sportschütze und Goldmedaillengewinner bei den Olympischen Spielen in London. Seit sieben Jahren sind die beiden ein Paar.
Wir treffen uns in der Bar Brigitte in Eppan, Petra nimmt ein Eis und danach einen frischgepressten Apfel-Karottensaft. Die Bar gehört ihrem Schwager, der ist gerade aus dem Hochzeitsurlaub zurück, also bietet sich die erste Frage an …

Und wann bist du auf Hochzeitsreise?
Nie.

Nie?
Ich heirate nicht.

Und was sagt dein Freund dazu?
Er weiß das. Er will auch nicht heiraten, sagt er. Und wenn, dann sicher nicht kirchlich, und sicher nicht daheim.

Nach einem Studienjahr (Bauingenieur) in den USA hat sich Petra Zublasing ein Jahr Auszeit genommen und sich auf Training und Wettkämpfe konzentriert. Im nächsten Jahr möchte sie ein Masterstudium in England beginnen. Trainieren kann sie am Eppaner Schießstand, dem „best ausgerüsteten Schießstand in ganz Europa“. Das einzige Manko: Für Wettkämpfe ist er zu klein.
Petra ist Mitglied der Heeressportgruppe der Carabinieri, anders wäre ihr Sport für sie nicht finanzierbar. „Man kann davon nicht leben, Schießen interessiert keinen Menschen“, grinst sie. Bei den Carabinieri aber fühlt sie sich wohl: „Solange ich gute Resultate liefere, habe ich große Freiheiten.“ Ihr Freund arbeitet im Sportsektor von Ferrari an der Entwicklung neuer Technologien für die Disziplinen Bogenschießen, Bordercross, Snowboard und Sportschießen, ein Projekt, das vom italienischen olympischen Komitee CONI finanziert wird.

Im Internet kursiert ein Foto, das dich zusammen mit US-Präsident Barack Obama zeigt. Wie kam es dazu?
Das war, als wir die Collegemeisterschaft gewannen. Die Sieger in den verschiedenen Sportarten werden vom Präsidenten eingeladen, circa 400 Sportler aus 30 Disziplinen, alles keine Profis. Dann braucht es halt Glück, dass der Präsident an dem Tag nicht irgendwo Wichtigeres zu tun hat.

In Südtirol ist Sportschießen erst so populär, seit du so gut darin bist. Wissen die Leute, was genau du tust?
Noch lang nicht alle, aber immer mehr. Es sind viele Hemmschwellen überwunden worden. Bis vor einigen Jahren sind sehr viele Mütter zu mir gekommen und haben gesagt, dass ihre Kinder nicht Sportschützen werden dürfen, denn das sei gewalttätig. Aber das hat mit Gewalt nichts zu tun. Da könnte ich genauso gut das Kochen verbieten, weil man da mit Messern zu tun hat.
Schießen ist ein mentaler Sport, es ist Meditation, es bedeutet, sich selbst kennenzulernen und über die eigenen Ängste hinauszuwachsen. Durch mich sind vor einigen Jahren viele Mädchen zum Sport gekommen, jetzt sind es wieder mehr Jungen. Und es bleiben auch immer mehr dabei.

„Immer wenn irgendwo eine Schießerei ist, rufen die Leute bei uns an. Ich gehe nach einer Schlägerei ja auch nicht in den nächsten Boxclub und frage nach den Gründen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Schießen ist ein sehr ruhiger, friedlicher Sport.”

Was kann man beim Schießen lernen?
Der Sport ist zum Beispiel gut für Kinder, die in der Schule Schwierigkeiten mit der Konzentration haben. Hier lernen sie spielerisch, sich nur auf eine Sache zu konzentrieren. Es ist eine Randsportart und wird es wohl auch bleiben, aber wir leben nicht mehr versteckt.

Aber ihr verwendet scharfe Waffen, mit denen man theoretisch auch auf die Jagd gehen könnte.
Nicht alle. Die Kinder beginnen mit dem Luftgewehr, da kann eigentlich nichts passieren. Die Bleigeschosse haben keine Kraft, das ist ungefähr so gefährlich wie Dart spielen. Mich langweilt diese Frage, ob man da wen erschießen könnte. Immer wenn irgendwo eine Schießerei ist, rufen die Leute bei uns an. Ich gehe nach einer Schlägerei ja auch nicht in den nächsten Boxclub und frage nach den Gründen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Schießen ist ein sehr ruhiger, friedlicher Sport. Ich bin seit 14 Jahren dabei und habe nie von einem Unfall gehört.

Worin muss ich gut sein, damit aus mir mal ein guter Schütze wird?
Das Wichtigste ist ein starker Charakter und mentale Stärke. Auch Konzentrationsfähigkeit, aber die kann man lernen. Ausschlaggebend ist die Persönlichkeit. Schießen ist kein einfacher Sport. Du musst in dich selbst hineinschauen, in dir suchen, wie motiviert du bist, aus einem Loch wieder herauszukommen. Man ist in diesem Sport sehr schnell recht gut, aber der letzte Schritt nach ganz oben ist extrem schwierig. Man versuche erst mal, ein Stunde still zu stehen. Die Muskeln werden hart und schmerzen.

Petra Zublasing ist soeben von den ersten Europaspielen in Baku zurückgekehrt. Dort gewann sie Gold im Dreistellungskampf mit dem Kleinkalibergewehr und – gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten – Gold im Luftgewehr-Mixed-Bewerb. Nicht erst seit diesem gemeinsamen Triumph werden die beiden von italienischen Medien die „Coppia d’oro“ genannt.

Freude hast du mit der Titulierung „Coppia d’oro” aber nicht?
Es ist nett für den Sport, es ist eine gute Werbung für uns und das Schießen. Aber das geht jetzt schon seit drei Jahren so. Und es gibt uns nicht nur als Paar.

Eure Wettkämpfe schauen recht unspektakulär aus. Ihr steht eine Stunde lang still, und schießt.
Das schaut von außen so aus, aber es gibt zum Beispiel Technologien, die anzeigen, wie stark sich das Gewehr beim Zielen bewegt. Das Schwierigste ist aber, dass man seine Emotionen nicht rausbrüllen kann. Ein Sprinter konzentriert sich, läuft seine 100 Meter und kann dann Freude oder Wut herausschreien. Ich darf meine Freude über einen guten Schuss nicht zeigen, weil ich mich nicht bewegen darf. Aber es lässt mich natürlich nicht kalt, in mir tobt das Inferno.

Warum bist gerade du so gut in deinem Sport?
Ich bin stur. Und wenn ich mal in einem Finale bin, attackiere ich, dann schaut oft auch eine Medaille heraus.

Petra Zublasing war Mannschafts-Europameisterin 2013, Weltmeisterin 2014 und gewann den Gesamtweltcup 2013. Die nächste große Station sind die Olympischen Spiele in Rio im Sommer 2016, sie ist schon dafür qualifiziert. „Medaillen interessieren mich eigentlich nicht“, sagt Petra. „Medaillen und Siege sind schnell vergessen. Wichtig ist, was ich bei einem Wettkampf gelernt habe.“

Du warst bei den Olympischen Spielen 2012 in London dabei, damals klappte es nicht mit der Medaille. Ist das neue Ziel Olympia in Rio im nächsten Jahr?
London war gut, ich habe super geschossen, wenn ich mit der gleichen Einstellung hingehen kann, wäre ich zufrieden. Wenn es an dem einen Tag klappt, wär das natürlich super, aber da muss sehr viel zusammenkommen.

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