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Petra Schwienbacher
Veröffentlicht
am 13.12.2016
LeuteInterview zum Tierschutz in Südtirol

„Keine Lösung in Sicht”

Veröffentlicht
am 13.12.2016
Südtirols Tierschutzvereine gehen auf die Barrikaden: Das Land stelle zu wenig Gelder bereit. Was die Tierschützer fordern und warum sie sich von der Politik missverstanden fühlen.
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Acht Südtiroler Tierschutzvereine gingen auf die Barrikaden. Für die Tiere.

Mit hochgehaltenen Tafeln marschierten Anfang Dezember Vertreter von acht Südtiroler Tierschutzvereinen vom Silvius-Magnago-Platz in Bozen bis ins Büro von Landesrat Arnold Schuler. Es war das erste Mal, dass fast alle Vereine zusammenfanden. Gemeinsam fordern sie eine hundertprozentige Rückvergütung aller Spesen und mehr Unterstützung für den Tierschutz. Unter ihnen war auch Walter Pichler, Präsident vom Südtiroler Tierfreundeverein, der 1980 als erster lokaler Tierschutzverein gegründet wurde. Der Verein setzt sich bei Übertretungen des Tierschutzgesetzes ein und sensibilisiert im Bereich Tierrechte. Vergangenes Jahr zählte er 1.015 Mitglieder, veranlasste unter anderem die Kastration von 529 Katzen, pflegte 263 Katzen und vermittelte 125 an eine neue Familie.

Wie viele Leute haben an der Protestaktion teilgenommen?
Wir sind davon ausgegangen, dass maximal 40 kommen, aber auf dem Platz waren locker 100 Leute. Alle sind dann nicht mit zum Landhaus gegangen, aber es waren mehr als erwartet. Fast alle Südtiroler Tierschutzvereine sind gekommen. Darunter die Initiative Tierrechte Südtirol, das Tierheim Naturns, das Tierheim Obervintl, die Tierschutzvereine Überetsch-Unterland, Oberpustertal, Bruneck-Gadertal, Leuchtenburg und wir vom Südtiroler Tierfreundeverein.

Warum gehen Sie gerade jetzt so massiv an die Öffentlichkeit?
Die Kriterien für die Spesenabrechnung der Tierschutzvereine wurden geändert, das war der Auslöser. Wir brauchen jedes Jahr um die 100.000 Euro allein für die Tiere: Dazu gehören Kosten für Kastration, Futterkosten für freilebende Katzenkolonien, das Verarzten von verunfallten und kranken Tieren. Die Abrechnung nach dem neuen System sieht nun vor, dass wir mindestens 100.000 Euro an bezahlten Rechnungen vorweisen müssen, um dann den Beitrag von 56.000 Euro bekommen. Den Rest müssten wir aus eigener Tasche bezahlen.

„Wir machen ehrenamtlich einen Dienst, den die öffentliche Verwaltung machen müsste.”

Und vorher wurde alles übernommen?
Wir bekamen auch vorher nicht alles rückvergütet. Wir mussten aber bezahlte Rechnungen in Höhe von 65.000 Euro vorweisen, um den Beitrag von 56.000 Euro zu bekommen. Das ist ein Unterschied. Wir machen ehrenamtlich einen Dienst, den die öffentliche Hand machen müsste, das Land und die Gemeinden. Sollen wir das selbst finanzieren oder um jeden Cent betteln, damit wir den Rest des Geldes zusammenkratzen können? Bei uns kümmern sich Freiwillige um freilebende Katzenkolonien, wir bringen verunfallte Tiere zum Tierarzt und päppeln Findeltiere auf, bis sie wieder gesund sind – da fallen Kosten an. Die Gemeinden kümmern sich nicht darum und fühlen sich nicht verantwortlich.

Haben Sie konkrete Vorschläge, was das Land besser machen kann?
Das Land soll uns die Spesen für die Tiere zu 100 Prozent vergüten. Es soll nicht nur die zentrale Stelle des Tierheims Sill finanzieren, sondern auch den Tierheimen Obervintl und Naturns alle Kosten vergüten. Aber das Land will diese Tierheime nicht, deshalb werden sie nicht zur Gänze unterstützt. Das Tierheim Obervintl hat zwei Jahre lang keine Beiträge bekommen – aus fadenscheinigen Gründen. Es sollten landesweit Tierpflegestellen eingerichtet werden. Wenn ein Haus- oder Wildtier gefunden wird, kann es so direkt zum Tierarzt gebracht und danach in einer Tierauffangstation versorgt werden. Im Moment übernehmen wir das, oft werden Tiere einfach vor unserer Haustür abgelegt. In den Tälern wäre eine solche Auffangstation bereits ausreichend – das muss doch finanzierbar sein. Es wäre auch schön, wenn die Vereine einen gewissen Beitrag für die Verwaltung und für die Öffentlichkeitsarbeit bekommen würden, damit sie die Bevölkerung für gewisse Themen sensibilisieren könnten. Zudem sollte es wieder einen Kurs für Tierschutzpolizisten geben. Den letzten gab es vor etwa 15 Jahren. Wir haben eine Liste mit Interessierten an den Tierärztlichen Dienst übermittelt. Es gibt also Leute, sie sich ausbilden lassen und sich als ehrenamtliche Tierschutzpolizisten engagieren möchten. Diese Tierschutzpolizei sollte sich dann um Haus-, aber auch um Nutztiere kümmern.

Tierschutzvereine protestieren vor dem Landhaus.

Sie waren bei Landesrat Arnold Schuler und den Verantwortlichen der Verwaltung im Landhaus. Sie wollten wissen, ob eine Zusammenarbeit der öffentlichen Organe mit den ehrenamtlich tätigen privaten Organisationen des Tierschutzes in Zukunft möglich ist. Was ist dabei herausgekommen?
Wir haben unsere Forderungen vorgebracht, aber das Gespräch verlief nicht so, wie ich es mir gewünscht hätte. Wir waren 16 Leute und es entstand irgendwann eine Diskussion. Jeder hat sich von der Seele geredet, was ihm nicht gepasst hat.

In Ihrer Presseaussendung hieß es: „Beim aktiven Tierschutz ist unser Land zur Zeit drittklassig.” Was läuft schief?
Die Struktur des Tierheims Sill ist im Gegensatz zu den privaten Tierheimen Naturns und Obervintl veraltet und drittklassig. Dort ist seit Jahren nichts gemacht worden. Außerdem müsste sich die öffentliche Hand auch um Katzenkastrationen, freilebende Kazenkolonien oder verunfallte Tiere kümmern.

Was hat Arnold Schuler zu den Forderungen gesagt?
Er sagte, es sei nicht so drittklassig, wie wir geschrieben hätten und dass der heimische Tierschutz anders als im Ausland zu großen Teilen vom Land unterstützt würde. Er begründet die Unterstützung des Tierheims Sill so, dass es dort einen größeren Wechsel der Tiere gibt. Das stimmt zwar, ist aber nur deshalb so, weil in den privaten Tierheimen besonders darauf geachtet wird, wohin die Tiere kommen. Traumatisierte Hunde werden zuerst von der Tiertrainerin betreut und können erst nach zwei Monaten weitervermittelt werden. Außerdem kommen manche Hunde in der Sill nach einigen Tagen wieder zurück ins Tierheim. Da leuchtet es ein, dass es einen größeren Wechsel der Tiere gibt. Schuler hängt alles nur an den Zahlen auf. Er war noch nie im Tierheim Obervintl, obwohl er schon oft eingeladen wurde. Er sagt auch, dass die Tierheime viel zu viel kosten würden und die Kosten für die Katzenkastrationen im Vergleich zu den vergangenen Jahren zu hoch seien. Das ist so, weil die Tierärzte ihre Preise erhöht haben.

Welche konkreten Lösungsvorschläge hat Schuler gemacht?
Es ist keine Lösung in Sicht. Es gab nur einen konkreten Vorschlag: Wenn eine Katze zwischen Salurn und der Töll kastriert werden muss, könnten wir im Tierheim Sill anrufen. Ein Tierfänger würde die Katze abholen und zum Kastrieren in die Sill bringen. Im oberen Pustertal und im Vinschgau sollte es dann jeweils eine Anlaufstelle geben, bei der ein Tierarzt kastrieren könnte. Es ist aber nicht wirtschaftlich, wenn man für eine Katze bis nach Bozen fahren muss.

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