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Oliver Kainz
Veröffentlicht
am 30.12.2013
LeuteAuf a Glas'l

„Der Todesstoß”

Veröffentlicht
am 30.12.2013
Weniger Subventionen, mehr direkte Demokratie: Der Neo-Abgeordnete Paul Köllensperger will mit frischen Ideen den Landtag aufmischen.
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Beppe Grillo steht für großes Spektakel. Seine egozentrischen Auftritte und wilden Wutausbrüche sind bei Gegnern und Bewunderern berühmt-berüchtigt. Der Südtiroler Grillino Paul Köllensperger verkörpert kaum etwas davon. Der Landtagsabgeordnete des Movimento 5 Stelle formuliert seine Sätze ruhig und überlegt. Aber wie es sich für einen Grillino gehört, äußert der 43-Jährige Kritik direkt, deutlich und ohne die Konfrontation zu scheuen. Bei einem Macchiato im Bozner Café Exil spricht Köllensperger über das alte SVP-System, die Notwendigkeit von direkter Demokratie und das umstrittene Benko-Projekt in Bozen.

Im Wahlkampf hast du nur 50 Euro ausgegeben. Wie ist dir trotzdem der Sprung in den Landtag gelungen?
Die wenigen Auftritte in den Medien haben wir geschickt genutzt. Die Forderung nach mehr Ehrlichkeit in der Politik und die Behandlung der Themen mit einem gesunden Hausverstand kamen beim Wähler gut an.

Du hast Beppe Grillo in Bozen kennengelernt. Wie ernst kann man einen cholerischen Komiker auf der großen Politik-Bühne nehmen?
Grillo ist ein energiegeladenes Bühnentier, das manchmal ein bisschen übers Ziel hinaus schießt. Privat kann er aber auch ein ruhiger Mensch sein. Entscheidend ist, dass Beppe Grillo nicht von wirtschaftlichen Interessen oder eigenem Machthunger getrieben ist. Im Gegenteil: Er versucht seinen Beitrag zu leisten, damit sich Italien zu einem besseren Ort für unsere Nachkommen entwickelt.

Warum bist du ausgerechnet für den Movimento 5 Stelle angetreten? Basisdemokratie oder Umweltschutz sind auch den Grünen wichtig.
Ich bin im Februar für die Parlamentswahlen mit dem Movimento 5 Stelle angetreten, weil die Zustände in Rom eine Zumutung sind. Sicherlich gibt es Schnittmengen zwischen den Grünen und der Südtiroler 5-Sterne-Bewegung. Wir unterscheiden uns aber insofern, dass wir beim Müllverbrennungsofen und anderen Umwelt- und Gesundheitsthemen keine Kompromisse eingehen. Was die Senkung der Politikkosten betrifft, sind wir die einzigen, die kohärent vorgehen. Auf die Rückerstattung der Wahlkampfkosten haben wir komplett verzichtet. Ich selbst nehme nur die Hälfte meines Gehalts als Landtagsabgeordneter an. Die andere Hälfte fließt in einen Fonds für soziale Projekte. Außerdem stehen wir für eine liberale, wirtschaftsfreundlichere Politik, die Steuern und Bürokratie abbaut.

Freundlich zur Wirtschaft will doch jeder sein. Nenne einen konkreten Vorschlag!
Der Steuerdruck für Südtiroler Unternehmen ist viel zu hoch. Die Steuern werden unter anderem verwendet, um den Unternehmen über 300 Millionen Euro an Subventionen zu gewähren. Das Land schüttet diese Subventionen im Gießkannenprinzip aus und unterstützt häufig Projekte, die wirtschaftlich sinnlos sind. Deshalb fordere ich: weniger Subventionen und dafür einen niedrigeren Steuerdruck. Dann können sich Unternehmer auch wieder frei entfalten.

Kommen wir zur Landespolitik. Die Köpfe der Landesregierung werden größtenteils ausgetauscht. Zufrieden mit der Erneuerung?
Ich glaube nicht, dass Arno Kompatscher für echte Erneuerung steht. Die SVP setzte im Wahlkampf auf das Thema Erneuerung, um nicht zu viele Wählerstimmen zu verlieren. Hinter den Kulissen halten noch die Strategen des alten Systems die Zügel in der Hand.

Man könnte argumentieren, dass dieses alte System gar nicht mal so schlecht funktioniert hat.
Das Land ist in der Vergangenheit mit einem Haushalt von über 5 Milliarden Euro im Geld geschwommen. Da fiel es nicht so sehr ins Gewicht, wenn ineffizient oder in die Taschen von Unternehmerfreunden gewirtschaftet wurde. Der Landeshaushalt wird aber auch wegen der römischen Sparvorgaben immer kleiner. Jetzt muss die SVP beweisen, ob sie die Geldmittel effizient einsetzen kann.

Was ist dein wichtigstes Vorhaben in dieser Legislaturperiode?
Wir möchten das SVP-Gesetz zur direkten Demokratie im Referendum am 9. Februar 2014 abschaffen. An seine Stelle soll das Volksbegehren der Initiative für mehr direkte Demokratie treten, das den Leuten als Grundlage für ein neues Gesetz ein echtes Mitentscheidungsrecht garantiert. Es ist wichtig, dass sich die Leute in die Politik einmischen und wieder selbst die Entscheidungen treffen.

Direkte Demokratie hat aber auch Nachteile.
Ich glaube, dass die Vorteile überwiegen. Allerdings müssen die Medien frei sein und die Bürger vor den Abstimmungen fair informieren. Das ist in Südtirol und in Italien durchaus problematisch. Insgesamt aber zwingen Instrumente wie das bestätigende Referendum die Politik dazu, im Sinne der Leute und nicht der Lobbys zu arbeiten. Das kann für Südtirol nur von Vorteil sein.

Kannst du als Ein-Mann-Fraktion überhaupt etwas im Landtag bewegen?
Bei der Reduzierung der Politkkosten stehe ich leider alleine auf weiter Flur. Bei anderen Themen aber werde ich versuchen, mit den Grünen, den Freiheitlichen oder auch mit der SVP zusammen zu arbeiten. Ich denke hier beispielsweise an Bürokratieabbau und Unterstützung der Kleinbetriebe. Schon bald möchte ich einen Gesetzesvorschlag zum Thema E-Government einbringen. E-Government soll die öffentliche Verwaltung durch Digitalisierung transparenter, effizienter und bürgerfreundlicher gestalten. In Sachen Autonomieausbau kann ich zusammen mit dem Movimento 5 Stelle in Rom einen entscheidenden Beitrag leisten.

Wie stehst du zum Benko-Projekt, welches das Bozner Bahnhofsareal neu gestalten soll?
Das Benko-Projekt wäre der Todesstoß für die kleinen Geschäfte in der Bozner Innenstadt. Ein großes Einkaufszentrum würde den kleinen Geschäften zu viele Kunden wegnehmen. Ich finde es nicht richtig, dass man eine öffentliche Fläche wie das Bahnhofsareal an einen privaten Investor gibt, ohne die Bürger der Stadt vorher zu befragen. Dem Tiroler Investor René Benko und den Leuten um Heinz Peter Hager liegt nicht das Wohl der Stadt Bozen am Herzen, sondern nur der eigene Gewinn.

Das sind harte Worte. Bist du immer so direkt?
Ich habe keine Angst ins Wespennest zu stechen.

Wie würdest du dich selbst beschreiben?
Ich bin ein entscheidungsfreudiger Unternehmer. Wenn lange Diskussionen zu keinen Ergebnissen führen, kann ich ungeduldig werden. An das werde ich mich im Landtag wohl noch gewöhnen müssen.

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