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Magdalena Jöchler
Veröffentlicht
am 19.07.2013
Leben

Politiker 2.0

Veröffentlicht
am 19.07.2013
Wie fit unsere Politiker im Umgang mit Facebook und Co. sind und ob es einen Obama auch hierzulande gibt, hat BARFUSS herausgefunden.
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Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter dienen längst nicht mehr nur der privaten Kommunikation: Vor allem in Wahlkampfzeiten gehen Politiker im Internet auf Stimmenfang. Dort können sie ihre Meinungen und Positionen ohne Umwege und unkompliziert an ein großes Publikum richten. Im Gegenzug setzen sie sich direkt der Kritik oder dem Zuspruch des Publikums aus.

Eine leidvolle Erfahrung damit machte unlängst der Landeshauptmannkandidat der SVP, Arno Kompatscher. Auf sein Facebook-Posting „[…] Insgesamt erinnert der Vorschlag Richard Theiners zum jetzigen Zeitpunkt an das IMU-Wahlversprechen Silvio Berlusconis. […]", reagierte Theiner sehr verstimmt und zog kurz darauf seine Kandidatur für die Vorwahlen zurück – unter anderem wegen dieser virtuellen Auseinandersetzung. Heute kommentiert Kompatscher die Frage nach seinem Umgang mit den sozialen Netzwerken mit einem Augenzwinkern: „Dafür bin ich ja bekannt!"

Die direkte digitale Konfrontation mit dem Wähler ist für viele Politiker neu – vor allem für jene, die seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, gewohnt sind über ihre Pressesprecher oder das Pressebüro der Partei zum Volk zu sprechen. Während der Landeshauptmann von Facebook und Co. ganz die Finger lässt, tippen seine Parteikollegen auch mal ein paar Zeilen in ihr Smartphone. Eine, die das gerne macht, ist Martha Stocker. Seit zwei Jahren nutzt sie Facebook, seit zwei Tagen auch Twitter. Ihr erster Tweet: „Jetzt sitze ich gerade mit @IngoDejaco und Silvia zusammen und ratsche, nein, ich lerne".

Mehr Authentizität!

Nicht alle Politiker legen bei Facebook und Twitter selbst Hand an. Viele lassen sich von ihren Mitarbeitern helfen oder beschränken ihre Social-Media-Aktivität auf die Verbreitung von Pressemitteilungen. Sinn und Zweck der Kommunikation über Social Media werden so aber nicht erfüllt. „In 140 Zeichen was zu sagen, ist nicht gerade die Königsdisziplin von Politikern", sagt Gernot Gruber, Fachmann für politisches Marketing. Während sich viele Politiker in Presseaussendungen noch hinter politischen Floskeln und abgehobenen Formulierungen verstecken, kann das bei den Nutzern der sozialen Netzwerke schnell zu unangenehmen Reaktionen führen, denn nicht allen gelingt es, sich den Gepflogenheiten der neuen Medien anzupassen.

Für Stefan Bachleitner, PR-Berater und ehemaliger Wahlkampfmanager des österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer, ist die Verwendung von Social Media kein Muss: „Es ist immer besser, authentisch zu bleiben, als krampfhaft zu versuchen, moderner zu wirken als man ist. Schließlich wird der Unterschied zwischen echter Haltung und falscher Pose gerade in den sozialen Medien rasch bemerkt." Deshalb müsse Noch-Landeshauptmann Durnwalder auch nicht unbedingt twittern: „Von einem 70-Jährigen erwartet schließlich niemand, dass er zwischen zwei Terminen ein paar Tweets in sein Smartphone klopft", sagt Bachleitner.

In einer kleinen Umfrage auf Twitter gaben drei von vier Politikern an, ihren Account zumindest teilweise selbst zu betreuen. „meistens ich selbst. :-)" twitterte Landesrat Roberto Bizzo auf die Frage zurück. Doch nicht alle machen sich die Mühe kurze Statements, ein Foto oder ähnliches zu posten, sondern verlinken entweder auf ihre Facebook-Seite oder auf die Homepage der Partei. Die Spitzenkandidatin der Lega Nord-Team Autonomie, Elena Artioli, sagt zwar, bei Twitter alles selbst zu machen, tatsächlich sind unter ihren 596 Tweets aber nur äußerst wenige echte Kurzmeldungen. Vielfach sind es automatisierte Verlinkungen zur persönlichen Facebook-Seite. „Viele arbeiten nach dem Prinzip ‚Pressemitteilung raus, damit habe ich alles gesagt'. Bei Social Media geht es aber nicht um Verlautbarungen, dort sollen Diskussionen stattfinden", sagt Gernot Gruber zum Onlineverhalten der Südtiroler Politiker.

Mehr Mut!

Eine Erhebung des Landesinstitutes für Statistik (ASTAT) ergab, dass wenig überraschend, vor allem die Jugend im Internet unterwegs ist: 54 Prozent der 14 – 19-Jährigen und 56 Prozent der 20 – 29-Jährigen nutzen das Internet täglich. Möchte man diese Leute, die mit dem Internet groß geworden sind, erreichen, bedarf es anderer Methoden. Es muss nicht gleich der Harlem-Shake zum Südtirol-Pass sein, eine etwas lockerere, unverkorkstere Sprache und mehr Leidenschaft würden vollkommen reichen. Wir sollen doch glauben, dass die Politiker ihren Job gerne machen.

Als einer der wenigen betreibt Arno Kompatscher eine Fanseite auf Facebook, auf Fragen antworte er dort auch höchstpersönlich. „Ich muss allerdings nicht alles und jeden Moment meiner Arbeit auf Facebook festhalten um zu beweisen, dass ich arbeite", sagt Kompatscher. Viele seiner Kollegen bleiben hingegen lieber in der geschützten Sphäre eines persönlichen Facebookprofils, mehr als 5.000 Freunde lässt Facebook allerdings nicht zu. Deshalb und weil die Sympathie für einen Politiker nicht immer gleich für eine „Freundschaft" reicht, wäre es sinnvoller eine Fanseite einzurichten.

Der PR-Berater Gernot Gruber vermutet, dass es im aktuellen Landtagswahlkampf noch zu einem „Run auf die neuen Medien" kommen werde und bemängelt gleichzeitig, dass nicht nur die Politiker selbst wenig Erfahrung mit Social Media hätten, sondern auch ihre Mitarbeiter. Tja, der Südtiroler Obama muss wohl noch irgendwo hervorkriechen, oder noch geboren werden.

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