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Magdalena Jöchler
Veröffentlicht
am 25.02.2014
LebenCybermobbing in Südtirol

Hänseln im Netz

Veröffentlicht
am 25.02.2014
Mobbing verlagert sich vom Schulhof ins Internet – mit langfristigen Folgen. Wie es hierzulande aussieht und wie dem begegnet wird.
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Anna* ist Außenseiterin. Von ihren Klassenkollegen wird sie gehänselt – am Schulhof, in der Klasse und am Nachhauseweg. Die Lehrer wissen davon und schreiten immer wieder ein. Irgendwann erstellen Annas Klassenkollegen ein Profil von ihr im sozialen Netzwerk netlog.com und befüllen es mit beleidigenden Inhalten. Anna wird nicht mehr nur im realen Leben gemobbt, sie ist jetzt auch Opfer von Cybermobbing.

Dieser Fall hat sich vor drei Jahren an einer Mittelschule in Südtirol abgespielt. Als das Lehrpersonal darauf aufmerksam wurde, wurde ein Elternabend organisiert, um über die Tragweite dieses Vorfalls zu informieren. Die Schüler wurden von einem Polizisten ebenfalls darüber aufgeklärt.

Im Unterschied zu Mobbing am Schulhof können die Spuren von Online-Mobbing noch Jahrzehnte später irgendwo im Netz wieder auftauchen. Wie schwer es ist, beleidigende Bilder, Kommentare oder sonstige Einträge aus den sozialen Netzwerken für immer zu löschen, ist hinlänglich bekannt.

Einer Studie vom Bündnis gegen Cybermobbing zufolge, wurde ein Viertel der 10- bis 22-Jährigen schon einmal online gemobbt. Von Mobbing spricht man nicht erst, wenn ein beleidigendes Fake-Profil ins Internet gestellt wird: Schon ein lustig gemeintes Bild kann einen Betroffenen mehr verletzen, als erwartet. Aus den USA, Kanada oder England sind Fälle bekannt, die mit dem Selbstmord von gemobbten Jugendlichen endeten.

Ein Phänomen, aber kein Problem

Derartige Fälle gibt es in Südtirol noch nicht oder sind zumindest nicht bekannt. „Viele Fälle werden schon in der Schule gelöst, das ist auch gut so“, sagt Ivo Plotheger von der Post- und Kommunikationspolizei in Bozen. Auch deshalb gibt es keine genauen Opferzahlen. Landet ein Fall trotzdem bei der Postpolizei, kann das mit rechtlichen Konsequenzen enden.

Ebenso schnell wie die Inhalte ins Netz gestellt werden, können aber auch die Übeltäter identifiziert werden – IP-Adresse sei Dank. Je nach Tatbestand kann es sich um Verleumdung (sechs Monate bis drei Jahre Freiheitsentzug oder mindestens 516 € Geldstrafe), Bedrohung oder Stalking (sechs Monate bis vier Jahre Freiheitsentzug) oder um die Verletzung des Rechts auf Privatsphäre (sechs bis 24 Monate Freiheitsentzug) handeln. „Es ist auch schon vorgekommen, dass wir mit beiden Parteien gemeinsam eine Lösung gefunden haben. Wenn es möglich ist, eine Lösung ohne Anzeige zu finden, ist das besser“, sagt Plotheger. Nach Einschätzung der Postpolizei kann man in Südtirol von einem Phänomen sprechen, das aber noch nicht zum Problem geworden ist.

Prävention zeigt Wirkung

Das sei auch der guten Präventionsarbeit in den Schulen geschuldet. Insgesamt 85 Mal war die Postpolizei im letzten Jahr in Schulen zu Besuch, um die Schüler für ein bewussteres Verhalten im Internet zu sensibilisieren. Neben Cybermobbing geht es in den Vorträgen auch um Sexting (Verschicken von Nacktbildern) und Videoediting (Bildercollagen).

In ihrer Rahmenrichtlinie für die Grund- und Mittelschulen aus dem Jahr 2009 schreibt die Landesregierung außerdem vor, den Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien zu unterrichten. An der Mittelschule Oswald von Wolkenstein in Brixen hat man schon vor neun Jahren das Fach „Kommunikations- und Informationstechnologie“ eingeführt, um, wie Vizedirektor Alexander Chiusole sagt, allen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu geben, umfassend auf ihre weitere Ausbildung und die Berufswelt vorbereitet zu sein. Für alle drei Schulstufen wurden genaue Ziele ausgearbeitet. Ab der zweiten Klasse werden die Themen Datenschutz, Netiquette, Urheberrecht und rechtliche Aspekte digitaler Medien behandelt.

Schwerwiegende Fälle von Cybermobbing habe es an seiner Schule noch nicht gegeben, auch weil sich die meisten Fälle außerhalb der Schule zutragen würden. „Wenn wir in Erfahrung bringen, dass sich Schüler gegenseitig im Netz anpöbeln, dann reden wir mit ihnen und machen sie darauf aufmerksam, dass es sich hier um strafbare Handlungen handelt“, sagt Chiusole. Ivo Plotheger ist überzeugt, dass diese Maßnahmen verhindert haben, dass aus einem Phänomen ein Problem wurde: „Ich denke, durch die enge Zusammenarbeit mit den Schulen gibt es keine besonderen Fälle.“

Eltern werden miteinbezogen

In die Präventionsarbeit miteinbezogen werden müssen auch die Eltern. Sie können einen wesentlichen Beitrag zur Kontrolle über das Online-Verhalten ihrer Kinder leisten und mögliche Mobbingfälle früh genug erkennen oder verhindern. Der Ansturm der Eltern hält sich allerdings noch in Grenzen. „Es ist oft vorgekommen, dass an diesen Informationsveranstaltungen wenige Eltern teilnehmen. Sie müssen heutzutage aber imstande sein, mit dem Computer umzugehen, nur so können sie kontrollieren, was mit ihren Kindern passiert“, bedauert Plotheger.

Deswegen: Früh genug überlegen, wessen Freundschaftsanfrage man beantwortet, über den Upload und das Versenden von Bildern sorgfältig nachdenken, um Erlaubnis fragen, bevor man ein Foto von jemandem ins Netz stellt, mit den eigenen Kindern über ihr Verhalten im Internet sprechen und Verdachtsfälle früh genug melden.

*Name von der Redaktion geändert.

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