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Illustrations by Sarah
Thomas Hanifle
Veröffentlicht
am 20.05.2013
Leben

Freibier und Lederhosen

Volksfeststimmung beim Unabhängigkeitstag in Meran. BARFUSS hat sich am späten Vormittag umgesehen.
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Im Lederhosen-Style schlendern die sieben Burschen die Meraner Passerpromenade entlang. Auf der Höhe des Thermenhotels am Beginn des Feinschmeckermarktes umkreisen sie einen älteren Herrn, der den „Wachtturm“, das Verkündblatt der Zeugen Jehovas, in den Händen hält. Sie hören dem Mann kurz zu, lachen und gestikulieren, dann verabschieden sie sich. Sie sind gut gelaunt, ziehen vorbei an den Marktständen. Eine italienische Marktschreierin mit gelber Mütze, sie mag schon Anfang 60 sein, bietet ihre toskanischen Lebensmittel feil. Weiter vorn gibt es Salame al tartufo und Straciatella pugliese. Italien-Feeling im mediterranen Meran.

Freiheit und Unabhängigkeit

An diesem Pfingstsamstag ist alles ein wenig anders. Goasslschnöller sind zu hören und das Volkslied: „… weil du so schön bist mein Südtiroler Land.“ Immer mehr rot-weiße Fahnen tauchen Richtung Sandplatz auf. Die sieben Freunde sind am Ziel – sie mischen sich unter das Feiervolk an diesem Unabhängigkeitstag, den die Südtiroler Schützen ausgerufen haben. Es geht um Freiheit und Unabhängigkeit bei diesem Volksfest. Und sie wollen selbst bestimmen, wie ihre Zukunft auszusehen hat. In anderen Worten: Eine Zukunft ohne Italien. Abhandlungen aus Schottland, Tibet, oder Katalonien, die ebenfalls unter fremden Staaten leben, sollen dem Anliegen Nachdruck verleihen.
Algunder Schützen schwingen die Fahnen, die Marlinger Goasslschnöller lassen es knallen. Auffallend viele Junge sind da. Männer in Lederhosen, einige in Fahnen gewickelt und mit frechen Sprüchen auf den T-Shirts wie etwa „No fucking slave“. Fesche Frauen in schicken Dirndln mit Stöckelschuhen ziehen die Blicke auf sich. Einige haben sich Rot-Weiß auf die Wangen gemalt. Die Stimmung ist ausgelassen. Heimat ist in. Damit lässt sich gut Party und auf Freiheit machen. Ist es aber nur das Event, das dieses Jungvolk anlockt?

Es ist Wahlkampf

Die Parteien haben sich in Position gebracht, es ist Wahlkampf. Am Stand der Süd-Tiroler Freiheit wird fleißig für das Selbstbestimmungsrecht der Völker unterschrieben. Dafür gibt es Freibier am Stand der Flamen. Der Andrang dort ist groß. „Nichts ist unmöglich auf der Welt“, sagt ein Mitzwanziger. „Wir wollen aber eine friedliche Lösung.“ Gott sei Dank. Ein anderer ergänzt: „Es ist Zeit“.
Wer aber ist heimatverbundener? Wem liegt die Zukunft Südtirols mehr am Herzen? Eva, die zu Österreich zurück will? Die Blauen, die allen Unkenrufen zum Trotz für den Freistaat werben? Oder doch die SVP, die den Rechten nicht das Feld überlassen will? Wer macht bei diesem Publikum das Rennen?
Die SVP hat an diesem Samstag keinen leichten Stand. Nicht zufällig wurden die Jungspunde Philipp Achammer und Manuel Raffin vorgeschickt. Sie erklären und argumentieren, wollen sich die Autonomie nicht schlechtreden lassen. Auch an ihrem Stand weht die rot-weiße Fahne. „Der SVP geht es nur um die Posten“, kommentiert ein Jungschütze. Ein anderer sagt spitz: „Die schon und Rot-Weiß. Bei ihrer Fahne fehlt nur noch das Grün.“
Wohin der Wind weht, ist klar zu hören. Die Sprüche gehen locker von den Lippen, manch einen würde man lieber überhören. „Wir können nicht ganz Afrika nehmen. Die sollen doch kämpfen für ihre Freiheit, so wie wir das gemacht haben.“ Wer das sagt, hat ein paar Jahre mehr auf dem Buckel und sitzt beim Stand von Elena Artioli und ihrem A-Team. Hollywood lässt grüßen. Ein Blick auf ihre trendigen Bergschuhe mit roten Schuhlitzen und Edelweißsymbol genügen: Auch sie macht auf Heimat.

Party und H&M

Auf der Freiheitsstraße spielen derweil zwei Schotten auf ihren Dudelsäcken. Später zieht eine Menschenpyramide Schaulustige an. Kinder toben sich auf der Hüpfburg aus. Alles ist gut organisiert. Manch einer macht zwischendurch einen Abstecher durch das Bozner Tor hinauf zu H&M, um sich schnell eine passende Basecap zum Heimatoutfit zu besorgen. Dann geht es los: Auf der Hauptbühne am Sandplatz heizt am Nachmittag, nach den offiziellen Reden, die junge Band Volxrock den Partypatrioten ein. Inmitten der heimatverbundenen Menge verkauft ein junger Afrikaner den „Meraner Stadtanzeiger“, 1,20 Euro das Stück. Heute läuft das Geschäft gut. Er stammt aus Guinea und ist schon seit drei Jahren im Land. Um was es hier geht, versteht der Afrikaner nicht. Irgendetwas mit Politik.

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