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Lenz Koppelstätter
Veröffentlicht
am 11.07.2013
Meinung865 Kilometer

Obama und Rihanna

Veröffentlicht
am 11.07.2013
Was man in Berlin alles machen kann – und doch zu selten macht.
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Ich erinnere mich daran, wie schlimm es war, dass alles so weit weg war. Die Party im Nachbardorf etwa. Nur dadurch zu erreichen, dass einen die Eltern hinfuhren. Der erniedrigende Deal dabei: dass sie einen auch wieder abholten. Noch viel schlimmer, später – die Konzerte. Die Weltstars. Gastierten nur in Mailand oder München. Eine mehrstündige Zugfahrt für zwei Stunden Musik und doch für so viel mehr als nur das: für das Gefühl, mittendrin zu sein. Für das Gefühl, für ein paar Stunden der Provinz zu entfliehen.

Letztens saß ich im Büro. Hörte und schaute mir per Livestream die Rede von Barack Obama am Brandenburger Tor an. Das Brandenburger Tor liegt etwa fünf Minuten Fußweg von meinem Büro entfernt. Hätte ich den Kopf aus dem Fenster gesteckt, hätte ich die Stimme des US-Präsidenten wahrscheinlich live gehört. Wäre ich auf die Straße gegangen, hätte ich dieses Wow-krass-Obama-ist-in-der-Stadt-Feeling gespürt. Tat ich beides aber nicht. Hatte keine Lust dazu.

Wo vieles unerreichbar scheint, da greift man nach den Sternen. Wo alles möglich ist, da wird man behäbig. Nach ein paar Jahren in der Großstadt scheint es einem zu reichen, alles machen zu können – theoretisch. Um es praktisch dann doch nicht zu tun. Da sitzt man abends lieber einfach auf dem Balkon, schließt die Augen, stellt sich vor, der Balkon wäre eine Terrasse, die Wohnung ein Häuschen im Grünen. Man will immer das haben, was man gerade nicht hat.

Meine Kollegin, ein bisschen jünger, ist immer unterwegs: Strandparty an der Spree, Rihanna-Konzert, Galerien-Hopping in der Torstraße. Wenn sie davon erzählt, und sie macht das den ganzen Tag lang, dann komme ich mir vor wie ein alter Sack. Da packt mich dann immer wieder mal das schlechte Gewissen. Irgendwann leg ich dann los.

Letzte Woche zum Beispiel. Volles Programm: Am Donnerstag zur Fashion-Week-Show des angesagtesten Berliner Labels Kaviar Gauche. Catwalk in einer Kreuzberger Kirche. Wodka Tonic. Promis. Blitzlicht. Freitag um die Häuser ziehen in Neukölln, dem angesagtesten Berliner Kiez. Keller, die zu Clubs umfunktioniert wurden. Technobeats. Noch mehr Wodka Tonic. Tanzfläche. Morgengrauen. Samstag essen im La Soupe Populaire. Spitzenküche vom Spitzenkoch Tim Raue in einer ehemaligen Fabriketage in Prenzlauer Berg. Rinderfilet. Gewürztraminer aus Sachsen. Sonntag Flohmarkt auf der Oberbaumbrücke in Kreuzberg. Hitze. Kopfschmerzen. Ganz viel Mineralwasser.

Montag der Kollegin erzählen, den ganzen Tag lang, was man so alles gemacht hat. Ein gutes Gefühl. Weil man nach so einem Wochenende auch merkt, was man alles vermissen würde.



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