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Lisa Maria Kager
Veröffentlicht
am 24.07.2019
Meinung40 Wochen

Klappe auf!

Veröffentlicht
am 24.07.2019
Mit Baby wird geteiltes Leid plötzlich tatsächlich zu halbem und Sozialisation zur Pflicht. Auch für Asoziale wie mich.
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Kugelbäuche, Augenringe und kackende, kleine Herzmenschen soweit das Auge reicht. Irgendwie habe ich ihn verpasst, diesen Übertritt in die neue Sphäre. Dorthin, wo wir plötzlich alle schwanger werden, Familien und Firmen gründen und auf Geburtstagspartys mehr Holundersaft als Bier trinken. Irgendwie ist das alles an mir vorbeigezogen und nun sind wir plötzlich alle „in diesem Alter“, wie Jakob so gerne sagt.

„Ich schwimme lieber gegen den Strom, am liebsten gleich ganz ohne Boot.“

Schwangere Menschen sieht man im Laufe seines Lebens ja immer wieder. Doch irgendwann, da häuft sich der Anblick dieser torkelnden Kugeln plötzlich ganz rasant und dann scheint es so, als würden auf einmal alle um einen rum plötzlich Eltern werden. Da sind die, die sich schon immer kannten, aber nie geahnt hätten, dass sie irgendwann ihre Gene in die selbe Kugel stecken würden und die, die sich zu kurz kennen, um sich darüber überhaupt Gedanken zu machen, bevor es so weit ist. Die, von denen man immer wusste, dass sie irgendwann ein Kind zusammen kriegen würden und die, die sich erst verloben und dann heiraten, um schließlich Gleiches zu tun. Und dann sind da noch die mit den großen Sprüchen, um die man zu Schulzeiten lieber einen großen Bogen gemacht hat. Auch sie sind wohl irgendwie in „dieses Alter“ gekommen und haben die großen Sprüche auf dem Weg gegen hilfesuchende Fragen ausgetauscht. Und obwohl wir eigentlich von Grund auf verschieden sind, sitzen wir nun doch alle im selben Boot.
Blöd nur, dass ich nicht besonders stark darin bin, im Gleichtakt mit anderen zu rudern. Im Gegenteil. Ich schwimme lieber gegen den Strom, am liebsten gleich ganz ohne Boot.

Zeit für Sozialisation

Ich mag es, allein zu sein. Schon immer habe ich es genossen, mich in meine eigene, kleine Welt voller Pläne, Berufe und Leidenschaften – die meine Zeit bei Weitem ausreichend ausgefüllt haben – zurückzuziehen und in der Stille neue Kraft für den Alltag zu schöpfen. Deshalb war ich vermutlich auch nie in einem Verein meines Dorfes tätig, habe ausschließlich Einzelsportarten betrieben und bin höchst selten am Handy erreichbar. Vielleicht, weil ich zu ungeduldig bin für das Gruppengeschehen oder mich mit meinen eigenen Ideen und meiner großen Klappe nie wirklich irgendwo zugehörig gefühlt habe, vielleicht aber auch, weil ich denke, dass geteiltes Leid gar kein halbes ist. Viel eher finde ich, es bringt nicht wirklich was, mit Menschen in der selben Lebenslage abzuhängen. Man tendiert dann nämlich ganz schnell dazu, in ein großes Jammern über die selben Probleme zu versinken. Und das bringt am Ende niemanden wirklich weiter. Deshalb habe ich auch gerne auf Geburtsvorbereitungskurse und Schwangerschaftsgymnastik verzichtet und mich lieber alleine auf den großen Tag vorbereitet.

Doch seit ich mit Herzmensch an meiner Seite durchs Leben schwimme, habe ich irgendwie das Gefühl, ich sollte besser doch rudern lernen. Nicht nur, damit das Kind nicht gleich asozial wird wie die Mama, sondern vor allem, weil es wirklich gut tut, zu wissen, dass da immer schon so viele waren und immer noch so viele sind und sein werden, denen es einfach gleich geht wie mir. Zu wissen, dass man nicht etwa zu schwach ist, um all das zu meistern, was mit Baby auf einen zukommt, sondern dass es völlig normal ist, nicht mehr alles so zu schaffen, wie man es sich eigentlich vorgenommen hat.

„Am Ende sind wir alle gleich.“

Egal ob Allein,- Haus oder Krankenhausgeburt, egal ob natürlich, mit Saugglocke oder Dammschnitt. Egal ob mit Schnuller, ohne Windel am Busen oder hinterm Fläschchen, egal ob im Kinderwagen oder im Tragetuch, egal ob mit zehn Stunden Schlaf oder doch nur mit zweien. Egal ob Insta-Mum mit super gestylten, sauberen Kindern oder vollgepiselte Barfuss-Mami mit vollgekotztem Grinsebaby. Am Ende sind wir alle gleich. Und sobald die kleinen Menschchen erstmal da sind, sind wir auch alle in der gleichen Situation. Man lebt gleich, man fühlt gleich und ist komplett gleich überfordert. Und ich muss zugeben, in so einem Moment kann es dann wirklich auch mal ganz schön sein, ehrlich mit einer Gleichgesinnten über diesen neuen Alltag, und die ganzen Gefühle, die damit einhergehen, zu quatschen. Und damit das Leid zu halbieren.
Denn – auch wenn ich es vorher nicht glauben wollte – niemand versteht die Lebensveränderung mit Kind besser als all die anderen Mütter. Also liebe Mamis: Mut zum ehrlichen Tratschen! Anstatt sich daheim zu verkriechen, lieber raus mit der Wahrheit. Es gibt nichts zu verstecken, denn so unterschiedlich wir auch scheinen, am Ende sitzen wir alle im selben Mutterschiff!

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