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Illustrations by Sarah
Barbara Plagg
Veröffentlicht
am 03.05.2019
MeinungGleichstellung: Taten statt Worte

Anleitung zur Revolution

Equal Pay Day, Tag der Frau, Muttertag – man meint es gut mit uns Frauen. So gut, dass wir täglich dafür kämpfen sollten, dass es besser wird.
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Den Tag der Frau haben wir erfolgreich hinter uns gebracht, Facebook überschlug sich vor Wertschätzung und Lob für die Frauen. Heute der Equal Pay Day und dann noch der Muttertag. Und immer ist man sich einig: Frauen wollen keine Blumen, Frauen wollen Gleichberechtigung. Damit, wie das Motto und der Hashtag des diesjährigen Equal Pay Days sind, keine #träumeplatzen. In ëres (Zeitschrift für Chancengleichheit der Südtiroler Landesverwaltung; Anm. d. Red.) schreibt der Landeshauptmann dazu: „Es lebe der Equal Pay Day an jedem einzelnen Tag.“ Zum Tag der Frau bekräftigten zahllose Männer auf Facebook, sie würden keine Mimosen, sondern Respekt schenken. Jetzt bekommen wir also sogar zum Tag der Frau nicht mal mehr Blumen, sondern überhaupt nur noch blöde Sprüche. Und ein paar Hashtags, aus denen man maximal ein lustiges Sprechgedicht nach Jandl (trrrrr trrrr trrrr äumäumäum platzzzzzzzzzenta memetootootootot) bauen kann und sonst nicht viel.

Sie sind ja ganz nett, die Hashtags, um ein bisschen zu sensibilisieren in Zeiten wie diesen, wo nichts zu lang und nur ja nichts zu hölzern sein darf. Aber sie sollten der Anfang und nicht das Ende der Kausalkette sein. Sie sollten anstoßen und anregen und nicht als trendiger Zenit eines sinnlosen Aktionismus in sich selbst zerplatzplatzplatzplatzen. Der Hashtag muss laufen lernen und das Gesetz Pilloni aufhalten, muss den Babysitter-Gutschein zurückbringen, Kinderbetreuung flexibler machen und Frauen hoch in Führungspositionen und raus aus der Altersarmut hieven. Er muss ein Staffellauf werden, wo das Eine das Andere bedingt und der in einer geschützten legislativen Lebensrealität für Frauen und einer veränderten kulturellen Wahrnehmung der Frauen seinen Ziellauf hat. Aber, wie Gandhi dereinst bekanntlich sagte, muss man die Veränderung, die man so gern hätte, wohl oder übel selbst sein. Denn das Problem mit der Gleichberechtigung ist, dass sie nicht einfach über uns kommt wie die Jungfrau zum Kind. Veränderung braucht kollektive Kräfte, die am gemeinsamen Strang ziehen. Und bevor wir oder unsere Träume platzen, lasst uns noch ein bisschen was versuchen.

#SchließtDieGräben
Was Männer von Frauen unterscheidet, ist ihr intuitiver Überlebensreflex, Seilschaften zu bilden. Sie sitzen zusammen am Stammtisch während sich zwischen ihren Frauen Gräben ziehen. Zwischen der Bugaboomutti mit ihrem Chai Latte und der Lidlmutti mit dem runtergerockten Hauck, zwischen Holle und Plasmon, zwischen Waldorf und Ganztagsschule, zwischen Buzzidil und Babybjörn, zwischen VW Touran und FamilyPass und natürlich: zwischen Hausfrau und Arbeitsmutti. Ich sah schon einen Juventino und einen Milanista am gleichen Tisch sitzen und watten, während ihre Frauen sich in der Impfdebatte gegenseitig die Augen auskratzten. Was euch trennt, ist Hintergrundlärm, was euch vereint, ist die Liebe zu euren Kindern und der Wunsch, das Beste zu geben. Und das gebt ihr auch. Es ist eine Milchmädchenrechnung: Wer sich zusammenschließt, ist stärker. Gesellschaftliche Veränderung passiert selten mit passivem Zuwarten. Es ist utopisch, dass die Politiker, die Giorgia Meloni aufforderten, wegen ihrer Schwangerschaft auf die Bürgermeister-Kandidatur zu verzichten, plötzlich umdenken. Aber revolutionär wäre, wenn alle Frauen gemeinsam aufstehen, den Raum verlassen und das nächste Mal Frauen wählen. So geht entmachten für Fortgeschrittene. Zusammenschließen müssen sich die, die am unteren Ende der Privilegienverteilung sitzen. Noch nie haben Überprivilegierte den Unterprivilegierten einfach ihr Stück vom Kuchen abgetreten, die mussten das schon proaktiv einfordern. Und man müsste niemandem was nehmen: Es ist genug Kuchen für alle da.

#NichtDeinSchneggele
Sexismus trifft sich gern beim Bier, kommt oft als verunglücktes Kompliment daher, fährt Frauen über den Mund und weil die Grenze zwischen Sexismus und Scherz fließend ist, lachen wir oft einfach ein bisschen irritiert. Die Schneggelen wollen ja alle nicht kleinlich sein, niemandem auf den Schlips treten und möchten ihren Job behalten. Bitte immer schön gerade sitzen und bloß niemandem die Laune verderben. Nach Feierabend dürfen wir dann einmal ganz laut #platzplatzplatzplatzplatzen. Aber nur, wenn’s niemand sieht und der Abwasch schon gemacht ist. Vielen Männern ist die Sexismusdebatte inzwischen bekanntlich so lästig wie ein Wimmerl am Po. Er habe da gar keine Lust mehr zur Solidarisierung, schrieb ein Spiegel-Autor, übersättigt sei er. A propos: Erzähl du uns nichts von übersättigt, Schneggele. Zwinkerzwinker, Klaps auf den Hintern, tätscheltätschel. Sexismus ist so allgegenwärtig, dass man den Wald vor lauter Bäumen schon nicht mehr sieht. Weil keiner so genau weiß, wo die Grenze zu ziehen ist, war es im Zweifelsfall nur ein blöder Spruch und die Frau ganz schön empfindlich, du meine Güte. Dabei sind ehrliche Komplimente von Sexismus so weit weg wie die Frittenbude vom Michelinstern.

„Leistet Beistand, wenn einer Frau von einem Mann über den Mund gefahren wird, wenn eine Frau blöd angemacht wird.”

Der moderne Mann aber, der nichts mehr als die Verweichlichung fürchtet, seit er nicht mehr täglich von einem Streifschuss geweckt aus seinem Baum fällt und seine Sippe vor der dreiköpfigen Hydra bewahrt, die er mit der bloßen Hand niederringt, verliert sich irritiert im Alltagssexismus. Leistet Beistand, wenn einer Frau von einem Mann über den Mund gefahren wird, wenn eine Frau blöd angemacht wird. Unverhofft kommt oft, und meistens ist man in der Teeküche kurz vor dem Meeting dann einfach auch zu baff, um schlagfertig zu sein. Es hilft, zu reflektieren und zu überlegen, was man das nächste Mal sagen könnte, wie man klarmachen kann, dass der Kollege sich seine Witze über die Figur der Kollegin gefälligst verkneifen soll. Und für den verunsicherten Mann, der beklagt, dass er ja inzwischen überhaupt nicht mehr wisse, wie er eine Frau anmachen soll, hier noch ein kleiner Sexismus-Lackmustest für unterwegs: Möchte ich, dass ein Mann so mit meiner Mutter redet? Würde ich dem Typen, der meine Tochter so anmacht, in die Fresse hauen? Was würde bei der Familienfeier passieren, wenn ich Tante Martina so anquatsche? Wenn gedanklich jetzt nur die dreckige Lache von Onkel Albert übrigbleibt, dann seid ihr auf dem Holzweg. Onkel Albert und die Frauen war dann ja auch nicht gerade eine Erfolgsgeschichte.

#LiebeTötetNicht
Beziehungstaten, nennen sie es, wenn ein Mann seine Frau umbringt. Und in Italien bringt jeden dritten Tag ein Mann eine Frau um. Und es sind nicht die Beziehungen, die Frauen töten, sondern die Gesellschaftsstrukturen und die kulturellen Normen. Nicht Liebe, sondern Misogynie ist es, die als Ideologie und Glaubenssystem in männlich dominierten Gesellschaften die Frau entmenschlicht, objektifiziert und verachtet. Und Gewalt an Frauen und Femizid ist die Spitze des Eisbergs der soziokulturellen Einstellung, dass Frauen weniger wert sind. Dass Mattia eine Waffe kaufte, um kurze Zeit später sich selbst und – wie in der „Adige“ stand – „sua amata Alba Chiara “ zu töten, war nicht aus Liebe zu ihr, sondern wegen einer männlichen Kultur, die nie gelernt hat, zu verlieren. Alba Chiara hatte sich kurz vorher von ihm getrennt. Das Wort „Beziehungstaten“ bagatellisiert, und Opferfotos von Frauen mit kurzen Röcken und adrett gekleideten Tätern soufflieren eine Opfer-Täter-Umkehr und vergessen auf den Umstand, dass das Opfer im Gegensatz zum Täter keine Wahl hatte. Vergesst das nicht und mahnt, wo ihr könnt. Liebe darf nichts mit Macht und Besitzanspruch zu tun haben. Und wo Misogynie, Macht und Besitzanspruch Frauen töten, hat die männliche Kultur versagt.

#SiebzehnMinuten
Nächstes Jahr fahren wir Frauen Südtirols am ersten Januar gemeinsam in den Urlaub und kommen erst am dritten März wieder zurück. Weil solange haben wir statistisch gesehen ohne Lohn gearbeitet. Ach, geht ja nicht, weil die Gesellschaft zusammenbrechen würde und zwar schon am allerersten Tag vor der Mittagspause. Aber ein symbolisches Zeichen können wir setzen. 17,2 % weniger verdienen Frauen in Südtirol als Männer. Nehmt euch doch am dritten jedes Monats diese 17 Minuten und streikt. Verdoppelt die 17 Minuten einmal für jedes eurer Kinder in seinem Geburtstagsmonat, multipliziert sie mit der Anzahl eurer Abschlüsse und Ausbildungen und verdreifacht sie für jeden Menschen, den ihr gepflegt habt. Lasst den Wischmopp fallen, werft die Kreide weg, klappt den Laptop zu, legt das Stethoskop aus der Hand und lasst die Pipette stecken. Setzt euch in die Sonne oder legt die Beine hoch. Seid laut dabei und schämt euch nicht. Ihr, die ihr es euch leisten könnt, streikt für die mit, die es nicht tun können, die Marginalisierten, die keine Stimme haben und die die Unterstützung am nötigsten hätten. Die Putzfrau und die Badante, die Kassiererin und die Alleinerzieherin mit den drei Minijobs und die paar tausend Frauen, die aktuell in Südtirol KEINE Rente kriegen, weil sie Kinder großgezogen, den Haushalt geschmissen und dem Mann den Rücken freigehalten haben.

#ErklärtDieWelt
Paradigmenwechsel dauern lang. Wartet nicht auf den kollektiven Aha-Moment, unsere Gesellschaft ist seit Jahrhunderten patriarchal und das Matriarchat werden wir nicht mehr erleben. Aber: Lest mit euren Töchtern lieber Pippi als Aschenputtel. Schickt sie nicht zur Klum, sondern auf die Uni. Redet mit euren Männern und verhandelt das Haushaltsgeld, rechnet euren Pensionsverlust wegen Mutterschaft oder Teilzeitarbeit in die Haushaltskasse mit ein und zahlt in einen Zusatzrentenfond ein, teilt euch die Freizeit und den Abwasch. Erzieht eure Söhne zu guten Männern. Erklärt ihnen, dass es ohne die Badante und die Putzfrau nicht geht und dass der Wert des Menschen sich nicht über neoliberale Karriereentwürfe und monetären Status definiert. Dass eine Frau, die wegen ihres kranken Kindes im Betrieb ausfällt, außerhalb der kapitalistischen Begrifflichkeit einen notwendigen und nicht ersetzbaren gesellschaftlichen Beitrag leistet. Dass es ausgemachter Schwachsinn ist, dass Branchen, in denen traditionellerweise Frauen arbeiten, weniger gut bezahlt sind. Das liegt nicht am Wert der Arbeit, sondern an der marktwirtschaftlichen Logik. Und die misst bekanntlich danach, welchen ökonomischen Mehrwert oder Profit sie generieren kann – und das ist in sozialen Berufen eben schwer greifbar. Dass es vorwiegend Frauen sind, die in sozialen Berufen arbeiten, hat wieder viel mit unserer gesellschaftlichen Dichotomie zu tun: typisch männlich und typisch weiblich eben.

„Die anderen sind nicht euer Maßstab und ihr seid nicht der Maßstab anderer.”

In der Diskussion um die Schere zwischen den Phantasiegehältern von Managern und den Hungerlöhnen von Erzieherinnen geht es nicht nur um das übliche Frauengejammer, sondern vielmehr um die Grundsatzfrage, welche Werte wir als Gesellschaft hochhalten möchten. Und zwar nicht nur scheinheilig. Mit welcher Wertschätzung wollen wir Nächstenliebe und Fürsorge oder Reichtum und Profitmaximierung begegnen? Und wen lassen wir darüber entscheiden? Und was, glaubt ihr, bringt uns letztlich in der großen Frage nach einer gerechteren Gesellschaft, die bekanntlich glücklichere, gesündere und langlebigere Bürgerinnen hat, weiter? Oder anders formuliert für die, denen das zu sehr nach katholischem Sonntagsblatt klingt: Ratet mal, was passiert, wenn alle Kassiererinnen, Krankenschwestern, Köchinnen, Erzieherinnen, Altenpflegerinnen, Putzfrauen, Hausfrauen, Sozialarbeiterinnen und Lehrerinnen keinen Bock mehr auf ihre Jobs haben? Richtig. Der Chefarzt, der Professor, der Manager, der Herr Direktor und der Politiker stehen ohne Skalpell, Hose, Kaffee, Mitarbeiter, Plan und Protokoll da. No women, volle cry.

#Selbstliebe
Schönheit liegt im Auge des Betrachters, hat unser strenger Deutschlehrer immer gesagt, aber die Brigitte könnte schon ein bisschen mehr Sport machen. Wo auch immer die Schönheit liegt, im Auge des Betrachters liegt sie nicht. Der Betrachter und die Betrachterin können uns mal. Die anderen sind nicht euer Maßstab und ihr seid nicht der Maßstab anderer. Solange die Norm von Schönheit das ist, was wir realistischerweise die meiste Zeit unseres Lebens nicht sein können – also jung, makellos, dünn, faltenfrei und mit Katzenohren – dann wird unser Wunderwerk Körper zur ständigen Unzulänglichkeit, zur ständigen Baustelle. Und unsere Darstellung in den Sozialmedien zur gephotoshoppten Spiegelung unseres Körpers als luftleerer Imageträger. Man verpasst das gute Leben, während man weichgekocht von Filtern durch ästhetisch normierte, homogene und äußerst fragwürdige Kosmen hoppelt. Das übersteigerte Interesse am Aussehen anderer nervt und ist so Achtziger wie aufgespritzte Lippen. Hallo, body positivity ! An wem irgendwie vorüberging, was den meisten schon im Kindergarten auffiel: Für ihr Aussehen können Menschen nichts. Wofür wir aber etwas können, ist unser Anstand, unsere Werte und unser Geist. Und die, die über Figur oder Falten eines anderen Menschen herziehen, könnten selbst nicht weniger attraktiv sein. Weil wirklich hässlich ist wirklich nur das Shaming. Wirklich.

#WähltWeiblich
Wenn ihr Frauen in der Politik wollt – und ihr braucht Frauen in der Politik – dann wählt Frauen in die Politik. Und wagt es nicht, mir wieder mit der Kompetenzkeule zu kommen, in einem Land, in dem ihr Studienabbrecher an die Spitze gewählt habt. Frauen sind kompetent. Sie sind sogar bildungstechnisch inzwischen kompetenter als Männer, und zwar in den meisten europäischen Ländern. Also nehmt euch bei eurem Wort und schaut auf die Kompetenz, weil dann werdet ihr Frauen auf den Listen finden. Schaut darauf, wer eure Werte, eure Lebensrealitäten und eure Lebensentwürfe am besten und ehrlichsten vertreten kann. Und natürlich vertreten Frauen die Interessen der Frauen nicht immer gut. Frauen haben das patriarchale Narrativ genauso mit dem Babybrei eingegeben bekommen wie Männer und leben es oft genug als Selbstverständlichkeit aus. Das gipfelt dann darin, dass sie dem Vergewaltigungsopfer vorwerfen, dass es einen Tanga getragen hat (Irland, 2018) oder dass es sowieso zu hässlich für eine Vergewaltigung wäre (Italien, 2019). In beiden Fällen waren es Frauen, die als Anwältin oder im Richtergremium mit diesen Argumenten kamen. Seid vorsichtig, besonders am rechten Ende, weil rechte Parteien sind, auch wenn sie eine Frau in führender Position haben, insgesamt am Rückgang der Frauen in der Politik schuld: Weil sie viel weniger auf ihre Liste setzen (der Einzug der AfD hat Deutschland seine Geschlechterbalance gekostet) und weil sie klassische Familien- und Rollenbilder kolportieren und alles andere ablehnen. Danke, hatten wir schon.

#NichtInUnseremNamen
Die Rechten und die Frauen ist eine Liebesgeschichte der besonderen Art. Hitler hat sie geliebt, die Frauen, hat sie ausgezeichnet für Kinder und gekrönt für Äpfel. Auch wenn nicht sie es waren, die ihn groß gemacht haben, wie früher oft behauptet wurde: Bis 1933 wurde er vorwiegend von Männern gewählt und unterstützt. Der gemeine Rechte hält bis heute gern an den guten alten Traditionen fest: klassische Rollenmodelle, mulinobianco-Familien, die idealisierte Mutter, keine Abtreibungen, wenig Patchwork, bloß keine Homoehen. Mit der Flüchtlingskrise und der Einwanderung islamischer Menschen hat der Feminismus letzthin einen vermeintlichen Auftrieb bekommen: Femonationalismus nennt man es, wenn die, die sich vorher am allerwenigsten um die Rechte der Frauen scherten, diese plötzlich dringend vor dem Islam schützen müssen. Sie postulieren, dass der Einwanderer, der brandschatzend und vergewaltigend durch unsere Städte zieht, der eigentliche Feind der Frau ist – und nicht die strukturelle Gewalt und die Benachteiligung und auf gar keinen Fall der hiesige Mann.

„Sie sind es nicht, die euch beschützen, sie sind es, die euch benutzen.”

Der Islam ist nun tatsächlich nicht für seine innovativen feministischen Ansätze bekannt, aber bleiben wir in Südtirol – in Saudi-Arabien können wir ja erstmal noch weniger ändern – und schauen uns die Fakten an: Alexandra, Rita, Nicoleta und Monika sind letztes Jahr in Südtirol Femiziden zum Opfer gefallen und in jedem Fall war es ein Mann aus der Familie oder Partnerschaft und kein Fremder. Rechte Mutterschaftsfixierung, völkische Argumentationen, Unterordnung für die Sache, Gefasel von irgendeiner natürlichen Ordnung: Männer wie auch junge, identitäre Frauen besetzen feministische Themen und instrumentalisieren sie für ihre Zwecke. Die trojanische Besetzung von Frauenthemen täuscht über die menschenverachtenden Positionen hinweg, von denen wir als Frauen und letztlich als Gesellschaft alle nicht profitieren. Lasst euch nicht instrumentalisieren. Nehmt das Mutterkreuz und werft es dem braunen Mob vor die Füße. Sie sind es nicht, die euch beschützen, sie sind es, die euch benutzen. Vergesst niemals, wessen Geistes Kind das neue Interesse an der Frau ist. Deshalb bitte: Wehret den Anfängen.

#TeiltEuerWissen
Ihr habt als Freiberuflerin den Spießrutenlauf Mutterschaftsansuchen schon mal durchgemacht? Ihr wisst, was man bei Mister Manager im Bewerbungsgespräch auf die Frage nach der Familienplanung sagen muss? Ihr wisst, wo gerade ein guter Job frei geworden ist? Ihr wisst, wo man am Campus seine Ruhe hat zum Stillen? Gut. Erzählt es weiter, teilt euer Wissen, nehmt junge Frauen an die Hand. Seid Mentorinnen und Begleiterinnen auch außerhalb der Stillgruppe und dem Elki. Ihr braucht keine Strukturen, um euch zu solidarisieren. Dazu reicht eine einfache Frage, wenn ihr jemanden dort seht, wo’s für euch selbst schon mal happig war: Kann ich dir helfen? Von eurem Wissen profitieren nicht nur die, denen ihr es weitergebt, sondern eine gestärkte Gesellschaft, in der Unterstützung zur Tugend wird.

#TrautEuch
Frauen stufen ihre eigene Intelligenz im Schnitt schlechter als Männer ein, auch wenn es objektiv gar keinen Unterschied gibt, hat die Arizona State University gerade wieder nachgewiesen. Besonders in den MINT-Fächern sind Frauen bei gleicher Leistung trotzdem der Meinung, dümmer zu sein. Warum das so ist, wissen die Wissenschaftler nicht, aber ich wage hier mal eine verwegene Hypothese und behaupte: Angeboren ist das nicht. Das haben die schon souffliert bekommen, und zwar von Kindesbeinen an. Aschenputtel und Rapunzel sind ja weniger für ihre Geisteskraft, als für ihre Schönheit bekannt. Stellt euch vor, Aschenputtel wäre hässlich gewesen oder ihr Kleid nicht so schön. Der Prinz hätte sie nie genommen, und wir hätten kein bisschen Mitleid mit ihr gehabt. Was ich aber sagen will: Wenn eine Führungsposition ausgeschrieben ist und sich dezidiert auch Frauen bewerben sollen, dann aber nur Lebensläufe von Männern auf dem Tisch im Personalbüro landen, dann lassen wir denen gar keine Wahl. Außerdem, das mit den Führungsqualitäten: Inzwischen scheinen nach Studienlage Frauen in einigen wichtigen Kompetenzbereichen wie z. B. Kommunikation, Eingestehen von Fehlern und vorbildliche Führung, die Männer abgehängt zu haben. Nur mal so als kurzer Realitätscheck. Frauen sind nicht dümmer, aber viele von uns werden zur Unbeholfenheit erzogen. Traut euch zu, dass ihr was könnt. Weil ihr könnt.

Die Liste wäre noch sehr viel länger. Damit keine #träumeplatzen müssen wir Schritt für Schritt selbst zusehen, dass wir die Rahmenbedingungen einfordern und selbst gestalten, auch wenn wir dessen mindestens hundertmal so überdrüssig sind wie die Männer. Ich nehme mir heute jedenfalls 17 Minuten und lege demonstrativ die Füße auf den Schreibtisch für all jene Frauen, die Opfer einer überbordenden männlichen Kultur sind. Und für jeden blöden, unreflektierten und abwertenden Kommentar auf diesen Beitrag nehme ich mir noch eine genüssliche Minute mehr dazu. Ihr Frauen und Männer, ihr seid alle eingeladen, mitzumachen. Weil, lasst es mich plakativ sagen: Gitschen, es isch Zeit.

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