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Teseo La Marca
Veröffentlicht
am 23.03.2016
LeuteSatire-Website der Kaufhaus-Gegner

„Den Finger in die Wunde legen“

Veröffentlicht
am 23.03.2016
Heinz Peter Hager hat die Betreiber einer Satire-Website zum geplanten Benko-Kaufhaus in Bozen verklagt. Diese wehren sich jetzt.
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Satire darf alles, oder? „Ja, solange es Satire ist“, sagt Michael Schlauch. „Satire darf demaskieren, Halbwahrheiten aufdecken, den Finger in die Wunde legen. Das darf und soll Satire.“ Schlauch ist gebürtiger Deutscher, 2009 kam er im Rahmen seines Zivildienstes erstmals nach Südtirol. Obwohl er die Alpenprovinz zuvor nicht kannte, gefiel es ihm hier gleich. Der Karriere und der Liebe wegen blieb er. Zusammen mit seiner Frau und anderen Aktivisten hat der Software-Entwickler und diplomierte Wirtschaftsingenieur die Internetseite www.kaufhaus-bozen.bz eingerichtet, die das satirische Pendant zur offiziellen Seite des geplanten Benko-Kaufhauses in Bozen sein soll. Durch satirische Überspitzung üben die Kaufhaus-Gegner scharfe Kritik an der Vorgehensweise der KHB Kaufhaus Bozen GmbH – am Besten sieht man es sich selbst an, inzwischen ist die Seite wieder zugänglich.

Das war eine Zeit lang anders. Eine Weile, nachdem Michael Schlauch und seine Mitstreiter die Satire-Seite, die explizit als solche gekennzeichnet war, veröffentlicht hatten, flatterte Schlauch ein Strafbefehl ins Haus. Die angebotene Strafe betrug 2.000 Euro und berief sich auf Urheberrechtsverletzung mit Absicht zur Täuschung. Die ursprüngliche Klage, die von Heinz Peter Hager, René Benkos Vertreter in Bozen, erhoben wurde, beinhaltete sogar den Punkt Verleumdung (Diffamation) – weil auf der Seite der Aktivisten Google-Ergebnisse zur Suchanfrage „Benko Korruption“ verlinkt waren. Inzwischen hat die kleine Gruppe von Aktivisten Einspruch eingelegt, um vor Gericht ihre Unschuld bestätigen zu lassen. Ihre Webseite haben sie rechtlich überprüfen lassen und wieder online gestellt.

Ein Mittel zum Zweck der Kritik

Was Heinz Peter Hager und Michael Schlauch unter Satire verstehen, ist ganz offensichtlich nicht das Gleiche. Für Hager, seines Zeichens Vertreter der Signa-Gruppe, muss gute Satire lustig und sympathisch sein, wie er im Interview mit salto.bz verrät. Gar nicht lustig und sympathisch, sondern diffamierend und beleidigend fand er also wohl die Satire-Seite zum Kaufhaus.

Anders sah es das Gericht: Der Vorwurf auf Diffamation ist laut Betreiber der Satire-Seiter archiviert worden. „Ein Ziel hat Heinz Peter Hager aber erreicht: uns dazu zu zwingen, Zeit und Geld für einen relativ unsinnigen Prozess auszugeben”, meint Schlauch. Tatsächlich ist es schwer nachvollziehbar, dass Satire derart eine Bedrohung darstellt. Stattdessen gehe es darum, Kritiker aus dem Weg zu schaffen, wo es nur möglich ist.

„Wenn ich nur beleidige, ohne einen Bezug zur Realität herzustellen und ohne dadurch Kritik üben zu wollen, dann ist das keine Satire und hilft auch der Sache nichts.“

„Die Frage, was denn Satire alles darf, erübrigt sich, wenn wir festlegen, was überhaupt Satire ist“, sagt Schlauch. „Wenn ich zum Beispiel eine Karikatur von jemandem mache und ihn mit einem kleinen Penis zeichne, ist das keine Satire, sondern schlicht beleidigend.“ Eine Anspielung auf die Karikatur, die die Künstlerin Illma Gore von Donald Trump gemacht hat? „Ja“, sagt Schlauch, „wobei es sich in diesem konkreten Fall schon um Satire handeln kann, weil sich die Karikatur auf Trumps Slogan ‚Make America Great Again‘ bezieht.“ Satire müsse also immer einen Bezug zur Realität haben, die sie kritisch behandelt. Kurz gesagt: Satire ist ein Mittel zum Zweck der Kritik. „Wenn ich nur beleidige, ohne einen Bezug zur Realität herzustellen und ohne dadurch Kritik üben zu wollen, dann ist das keine Satire und hilft auch der Sache nichts“, stellt Schlauch fest.

Angriffsfläche für Satire

Kritik lässt sich auf vielerlei Weise üben. Warum muss es bei Benkos Kaufhaus Satire sein? Dazu muss man einen Blick zurück werfen. Vor etwa einem Jahr begann Schlauch sich für das Thema zu interessieren. Das war der Zeitpunkt, als sich Benkos Pläne für das Kaufhaus konkretisierten. Georg Oberrauch war aus dem Wettbewerb ausgeschieden, der Stadtrat sollte bald über das Kaufhaus-Projekt entscheiden. Schlauch setzte sich nun eingehend mit dem Thema auseinander, er referierte als Experte für urbane Soziologie unter anderem im Bozner Gemeinderat über das Thema und verfolgte die aktuellen Entwicklungen genau. Dabei stieß er auch auf die Kommentarspalten unter Online-Artikeln und auf Facebook-Seiten: „Was ich da vorfand“, berichtet er, „grenzt an Realsatire. Die Rhetorik der Befürworter bietet Angriffsfläche für Satire. Wer zum Beispiel bei diesen Leuten etwas gegen das Kaufhaus sagt, der gilt gleich als Steigbügelhalter der Laubenmafia.“

Das Lächerliche beschränkte sich aber nicht auf Online-Kommentare, wie etwa, dass man „dem Wohltäter Benko ein Monument errichten soll“. Die realsatirischen Zustände weiteten sich bald auch auf die Stadtpolitik aus. Dazu gehört die Versenkung der Gemeinderegierung unter Bürgermeister Luigi Spagnolli, die hauptsächlich wegen des Kaufhaus-Projekts zerbrochen war. Am Deutlichsten wurde die Lächerlichkeit aber bei der Abdankung von Spagnolli und Vize-Bürgermeister Klaus Ladinser. Die beiden zelebrierten ihren Rücktritt mit einem Bild von sich, auf dem sie das Sieger-Zeichen machten. Meistens sind es also gewisse Umstände oder Personen, die die Satire als Mittel der Kritik provozieren. Nur: Gerade diese Personen finden die Satire dann anscheinend überhaupt nicht lustig und sympathisch.

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